Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunzehnter Jahrgang. 1878. (19)

180 Has deutsche Neich und seine einzelnen Glieder. (Nov. 13 — Mitte.) 
nomen Zolltarifs, welche zum Theil eine correctere Fassung des Tarifs, zum 
Theil die Beseiligung von Mißverhältnissen zwischen den Zollsätzen von 
Halbfabrilaten und Gauzfabrikaten, zum Theil Erhöhungen des Schutzes 
einzelner Industriezweige gegenüber der Concurrenz des Auslandes bezwecken, 
sind Vorarbeilen gefertigt, welche den betreffenden Ausschüssen des Bundes- 
raths werden vorgelegt werden. Es wird dabei nicht ausgeschlossen sein, daß 
auch noch für andere „Cchengasse die Einführung höherer Eingangszölle an- 
geregt werde.... Um die Lösung der vorstehend angedenteten Fragen thun- 
lichst zu berherunigen 2 . der für die betheiligten Erwerbszweige drückenden 
Ungewißheit über die künftige Gestaltung unseres Tarifwesens möglichst bald 
ein Ende zu machen, erscheint die Einsetzung einer besonderen Commission 
angezeigt, welche unter Benuhung des vorhandenen, sowie desjenigen Ma- 
terials, welches durch die Enqueten geschaffen und jener Commission zu 
überweisen sein würde, die Revision des Zolltarifs vorzubereiten und die 
erforderlichen Anträge bei dem Bundesrath zu stellen hätte. Die Aufgabe der 
Commission würde danach auf den gesammten Inhalt des Tarifs, mit Aus- 
nahme derjenigen Finanzartikel, über welche auf der Heidelberger Mi- 
nislerconferenz Einverständniß erzielt ist und welche einer gesonderten Mearbei- 
tung bereits unterliegen, sich zu erstrecken haben. Die Commission würde 
aus Beamten des Reichs und der hauptjächlich betheiligten Bundesstaaten 
zusammenzusehzen sein. Die Anzjahl der Mitglieder dürfte mit Rücksicht auf 
den Umfang der Aufgabe nicht zu knapp gegriffen werden. Die Bearbeitung 
der eingelnen 2 Telaitiragen möchte nach Feststellung der allgemeinen Grund- 
sähe kleineren aus der Mitte der Commission zu bildenden Subcommissionen 
zu übertragen sein. Auch wird es sich empfehlen, sowohl der zu berufenden 
Commission als auch den Subcommissionen das Recht einzuräumen, Sach- 
verständige zu vernehmen oder schriftliche Gutachten einzuziehen oder durch 
Requisition der Landesbehörden Ermittlungen zu veranlassen.“ 
13. November. (Preußen.) Die Zeitungen wollen wissen, daß 
der neue Finanzminister Hobrecht bezüglich des Unterrichtsgesetzes den- 
selben Standpunkt einnehme, auf den sich sein Amtsvorgänger gestellt 
hatte: die Sache sei Angesichts der erheblichen Mehrbelastung des 
Etats in dessen Ordinarium bis auf Weiteres zu vertagen, und erst 
auf sie zurück zu kommen, nachdem die Neichsfsinang-Verwaltung 
durch Mehreinnahmen die Etats der Bundesstaaten wesentlich ent- 
lastet haben würde. 
13. November. (Württemberg.) Der König besucht den 
Kaiser in Wiesbaden. 
Mitte November. (Deutsches Reich.) Die Ausführung des 
Sogzialistengesetzes nimmt einen durchaus befriedigenden Fortgang. 
Die Regierungen verbieten überall zahlreiche sozialdemokratische 
Blätter und Broschüren und unterdrücken zahlreiche sozialdemokra- 
tische Vereine. Das Gesetz wird von den Regierungen energisch, 
aber innerhalb der von ihm gegebenen Schranken ausgeführt. Die 
von der Sozialdemokratie zunächst bedrohten und eingeschüchterten 
Klassen fangen überall an, freier zu athmen, namentlich der Mittel- 
und Kleingewerbestand, seitdem er sieht, daß der starke Arm des
	        
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