Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunzehnter Jahrgang. 1878. (19)

Has deutsche Reich und seine eintelnen Glieder. (Nov. 29.— Ende.) 189 
geschoffen, soweit es sich nicht um Munition des Reichsheeres und der kaiser- 
ichen Marine handelt, verboten. Von lehterem Verbote werden Gewehr- 
patronen nicht betroffen. Ausnahmen von dem Verbote des Waffentragens 
finden statt: 1) für Personen, welche kraft ihres Amts oder Berufs zur 
Führung von Waffen berechtigt sind, in Betreff der letzteren; 2) für die 
Mitglieder von Vereinen, welchen die Befugniß, Waffen zu •½ beiwohnt, 
in dem Umfange dieser Befugniß; 3) für Personen, welche sich im Besitze 
eines Jagdscheins befinden, in Betreff der zur Ausübung der Jagd dienenden 
Waffen; 4) für Personen, welche einen für sie ausgestellten Waffenschein bei 
sich führen, in Betreff der in demselben bezeichneten Waffen. Ueber die Er- 
theilung des Waffenscheins beschließt die Landespolizeibehörde. Er wird von 
derselben kosten= und stempelfrei ausgestellt und kann zu jeder Zeit wieder 
entzogen werden. § 3. Vorstehende Anordnungen treten mit dem 29. November 
d. J. in Kraft.“ 
29. November. (Preußen.) Die Berliner Polizei weist auf 
Grund des über Berlin verhängten sog. kleinen Velagerungszustau- 
des 40 sozialdemokratische Agitatoren aus der Stadt aus. 24 der 
Ausgewiesenen, darunter die eigentlichen Führer der Berliner Sozial- 
demokratie, erlassen mittels Placats einen Abschiedsgruß an ihre 
Gesinnungsgenossen, dem wir folgende Stelle entnehmen: 
„Genossen und Freunde! Ihr wißt, so lange wir unter Euch waren 
und durch Wort und Schrift zu Euch sprechen konnten, war unser erstes und 
letztes Wort: Keine Gewalkthätigkeiten, achtet die (Gsee, vertheidigt aber 
innerhalb des Rahmens derselben Eure Rechte! Diese Worte möchten wir 
Ench heute zum Abschied noch einmal zurufen und Euch auffordern, sie jetzt 
mehr als je zu befolgen, mag auch die nächste Zukunft bringen, was sie will. 
Laßt Euch nicht provociren! Jeder Fehltritt eines Einzigen von uns würde 
für Alle die schlimmsten Folgen haben und gäbe der Reaction eine Recht- 
fertigung.“ Zum Schluß erinnert das Manifest die Parteigenossen der Aus- 
gewiesenen daran, daß sie der Frauen und Kinder der Scheidenden eingedenk 
sein möchten; die Ausweisung habe bis jetzt mit Ausnahme eines Einzigen 
nur Familienväter getroffen, keiner der Ausgewiesenen vermöge seinen An- 
gehörigen mehr als den Unterhalt für die nächsten Tage zurückzulassen. 
30. November. (Preußen.) Die Regierung in Oppeln ver- 
bietet unter anderen sozialdemokratischen Schriften auch eine durch- 
aus wissenschaftliche, bei Perthes in Gotha erschienene Schrift des 
Nationalökonomen Schäffle. Die öffentliche Meinung erhebt dagegen 
lauten und entschiedenen Protest und die betreffende Regierung sieht 
sich veranlaßt, das Verbot als ein irrthümliches alsbald zurückzu- 
nehmen. 
— November. (Deutsches Reich.) Eine Zusammenstellung 
der bis jetzt durch den Staats-Anzeiger veröffentlichten, auf Grund 
des Soyzialisten-Gesetzes erlassenen Verbote einerseits, sowie der an 
die Reichs-Beschwerde-Commission gerichteten Beschwerden anderer- 
seits ergibt,
	        
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