Has deulsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Dec. 2.) 191
und des zukünftigen Kaisers von Rußland wird, demonstrirt die
welfische Partei in Hannover durch eine in Hannover zu allgemeiner
Unterzeichnung aufgelegte und die Nitterschaft von Calenburg-Gruben=
hagen durch eine spezielle Glückwunschadresse an den Prälendenten.
Gegen persönliche Glückwunschadressen ist nichts einzuwenden, etwas
stark aber erscheint diejenige der genaunten Ritterschaft als solcher, die von
den Landschaftsräthen v. Hammerstein- Eauord, v. Wrede und v. Rössing
unterzeichnet ist und in der es heißt: „In die Traner, welche die Trennung
von unserem erhabenen Herrscherhaufe uns gebracht, in den tiefen Schmerz,
in welchen der so frühzeitige tödliche Hintritt Sr. Majestät unseres geliebten
Königs uns verursacht hat, ist wie ein Sonnenblick die Nachricht seialten,
daß Ew. Königliche Hoheik, dem unsere Herzen auch in der weitesten Ferne
unverbrüchliche Treue und Hingebung bewahren werden, das Glück der Liebe
gefunden haben, woraus dem erlauchten Welfenhause #eine neue Hoffnung
für eine glücklichere Zukunft ersprießen wird.“ Das Doppelfürstenthum um-
faßt die Territorien um die frühere Hauptstadt Hannover selbst und kann
wohl als der Kernpunkt der welfischen Agitation bezeichnet werden. In
Verlin mißfällt die Adreisse der Nitterschaft als Körpers chett selbstverständlich;
indeß konnte man sich dort darauf gefaßt machen, da bei den letzten Reichs-
tagswahlen ein Theil der preußischen Beamten mit den Welfen gegen die
Natioualliberalen ganz offen operirt haben.
December. (Preußen.) Abg.-Haus: Budgetcommission:
setzt aus ihrer Mitte eine Subcommission ein, um ein klares Bild
von der zeitigen Gesammtfinanglage des preußischen Staates zu ge-
winnen und die wahren Ursachen des Defizils zu ermitteln, die, nach
dem übereinstimmenden Urtheile der Liberalen, vorwiegend in der
Eisenbahnpolitik des Handelsministers Maybach zu liegen scheinen.
Die Abneigung gegen diese Eisenbahnpolitik ist daher sichtlich im
Wachsen begriffen.
2.—3. December. (Preußen.) Abg.-Haus: Ersle Lesung der
Vorlage betr. Aenderung der gesetzlichen Bestimmungen über die
Competenzen des Finanzministers, des Landwirthschaftsministers und
des Handelsministers, rejp. die Veränderung in den Ressorts dieser
drei Ministerien.
Gneist spricht gegen den Entwurf, weil nach seiner Ansicht Nessort-
veränderungen keines Gesehes bedürfen. Lasker erklärt sich für die Vor-
lage und gegen die Argumentalionen Gneist's, indem er aus Führt, Geseh
toönne nur durch Geseh geändert werden; die Beschlußfasfung der Legislative
über Ressortveränderungen des Ministeriums involvire keinen Eingriff in die
Rechte der Krone. Ministerpräsident Graf Stolberg hebt hervor, die
Regierung sei weniger durch principielle Erwägungen, als durch Zweckmäßig=
leitsgründe zu der Vorlage bestimmt worden, sie sei dabei von dem Grund-
satze ausgegangen und halte an dem Grundsatze fest, daß die Organisation
der Behörden, namentlich der Ministerressorks, ausschließliches Recht der
Krone sei. Es sei unbegründet, daß die Vorlage dieses Recht verletze; die-
selbe sei kein Organisationsgesetz, sondern eine Novelle zu zahlreichen Ge-
setzen, in denen bestimmten Ministern bestimmte Zuständigkeiten zugewiesen