Das beulsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Dec. 14—15.) 205
sein —, so sind die Führer der sogenannien braunschweigischen Gewerbe-
treibenden nicht in dem Kern der hiesigen Gewerbetreibenden zu suchen,
sondern unter allerhand zusammengelaufenen obskuren Persönlichkeiten. Biel-
leicht stehen diese allerdings unker der Leitung von wirklich intelligenten
Fihr rern, dann sind dieß aber im Parteisolde stehende Agenten und Emissäre,
die sich herausnehmen, für die braunschweigische Bürgerschaft zu agiren. Auf
mich macht dieses Kokctliren mit dem vermeintlichen Thronerben einen höchst
widerwärtigen Eindruck. Durch das bekannte Blatt der Centrums= und Welfen-
partei, „Germania“, ist dann auch vom Secrelär des Herzogs von Cumber-
land, Herrn v. Bothmer, au einen gewissen Huch eine Antwort ergangen,
die den Inhalt hat, daß sich die Adressanten bernhigen möchten, die Angelegen-
heit werde von dem Herzoge Wilhelm in die Hand genommn werden.
Gerade wegen dieser Vorkommnisse ist. es doppelt nöthig, daß man die
Angelegenheit des Regentschaftsgeseles in reifliche Erwägung zieht.“ v. Velt-
beime Antrag wird schließlich zwei Neserenten, Bode und GErnesti, über-
wiesen. In einer folgenden Sitzung des Landlags empfiehlt der Abg. Bode
als Referent, den Antrag v. Beltheim anzunehmen, welcher für den Fall
der Erledigung des Thrones die durchaus nothwendigen Bestimmungen ge-
troffen zu sehen wünsche, auf die materielle Seite der Sache aber nicht ein-
ugehen. Die vielfach geäußerte Annahme, daß in diesem Falle ein großer
Nachbarstaat ohne Weiteres zur Einverleibung schreiten würde, hält bei dessen
anerkannt höchst gewissenhafter Bundestreue Referent für ungerechtferligt.
Betreffs des Herzogs von Cumberland ist er der Ansicht, daß ein Mann, der
die Erklärung abgegeben habe, die Bundesverfassung nicht anzuerkennen, un-
möglich Negent eines Bundesstaates werden könne, und schließt unter dem
allseitigen und wiederholten Beifall der ganzen Versammlung mit jolgenden
Worten: „Gewiß würden wir es lebhaft bedauern, wenn unsere staatliche
Selbständigkeit verloren gehen sollle, und allerdiugs zeigt sich überall bei nus
eine starke Anhänglichleit an die Dynastie der Welfen, die indeß nur der
hier regierenden älteren Linie gilt. Nichts würde uns aber dahin bringen,
uns den particularistisch- welfischen Vestrebungen anzuschließen; denn nirgendwo
in Deutschland ist Treue und Anhänglichkeit an Naiser und Neich stärker al
hier auf urwelfischer Erde. Und diese Gesinnung wollen wir uns auch er-
halten und treu zu Kaiser und Reich slehen, was auch kommen möge.“ Diesen
Ausführungen des Nejerenten schließt sich der zweite Reserent Abg. Ernesti
vollständig an, worauf der Antrag Beltheim einstimmig angenommen wird.
14. December. (Preußen.) Das Kreisgericht zu Birnbaum
erläßt einen Steckbrief und ersucht die Gerichtsbehörden um Straf-
vollstreckung gegen den früheren Erzbischof von Gnesen und Posen,
Cardinal Grafen Ledochowsky,
welcher wegen Vergehens gegen das Geseh über die kirchliche Disri-
plinargewalt und die Errichtung des königlichen Gerichtshofs für birchliche
Angelegenheiten in fünf Fällen mit 15,000" Geldbuße, event. 2 Jahren
Gefängniß, ferner wegen noch eines solchen BVergehens und Beleidigung mil
2 Monaten Gefängniß belegt worden ist.
15. December. (Deutsches Reich.) Der Reichskanzler legt
in einem Schreiben an den Bundesrath zu Handen der Zoll-
tarif-Revisionscommission sein gzoll= und steuerpolitisches Reform-
programm dar, nach welchem außer den eigentlichen Finanzzöllen
auf Tabak, Petroleum, Zucker, Cafe rc. ein Schutz= und Finanzgzoll