Das beulsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Dec. 17—18.) 211
Derselbe basirt für Oesterreich auf seinem neuen allgemeinen Zoll-
tarif und gewährt Deutschland die Möglichkeit, von 1880 an gleich-
falls einen solchen zur Geltung zu bringen. Der Vertrag findet indeß
weder den Beifall der Freihändler, noch deujenigen der Schutzzöllner.
Vorerst wird er nur von beiden Regierungen ratifizirt, um mit dem
1. Januar 1879 in Kraft zu treten; die in einigen Puncten uner-
läßliche Zustimmung des Reichstags soll erst später eingeholt
werden.
17. December. (Preußen.) Abg.-Haus: Budgetcommission:
die Verhandlungen derselben führen zu nicht sehr befriedigenden
Streiflichtern auf die Verwaltung der preußischen Staatsbahnen.
Mehr und mehr stellt sich heraus, daß die ungünstige Finanglage
Preußens mit der seit 1873 maßgebend gewordenen Eisenbahnpolitik
zusammenhängt. Mehrere der neuen Vahnstrecken werfen nur einen
sehr ungenügenden Ertrag ab; für mehrere der angekauften sogen.
Krachbahnen werden gar keine Rentabilitätsrechnungen geführt, weil
sie nicht besonderen Direktionen unterstellt sind; für noch andere er-
gibt sich ein durch nichts gerechtfertigter Schnellzugluxus. Der Be-
trieb ist vielfach durch Begünstigung der inländischen Industrie ein
sehr theurer: eine notorische Coalition inländischer Schienenfabrikanten
der Staatsbahnverwaltung gegenüber verkauft an das Ausland er-
heblich billiger, als sie den inländischen Vahnen die Preise stellt
und doch hat die Verwaltung bisher die ausländische Concurrenz
nicht zugelassen, obgleich die Coalilion jede Concurrenz auch im In-
lande bei Submissionen auszuschließen gewußt hat. Das sind Uebel-
stände, welche es sehr begreiflich erscheinen lassen, daß die preußische
Regierung die Staatsbahnen auf das Reich abzuladen wünscht, aber
auch sehr begreiflich, daß die nicht -preußischen Negierungen nicht
sehr bereit sind, zuzugreifen.
18. December. (Preußen.) Abg.-Haus: genehmigt in zweiter
Berathung den Gesetz-Entwurf betr. die Veränderung in den Ressort-
Verhältnissen der Ministerien der Finanzen, des Handels und der
Landwirthschaft. Die Domänen und Forsten werden dadurch vom
Finanzministerium abgetrennt und mit dem landwirthschaftlichen
Ministerium verbunden, und ebenso werden Handel und Gewerbe
vom bisherigen Handelsministerium abgetreunt, um sie mit dem
Reichskanzleramt zu verbinden, so daß aus dem bisherigen preußischen
Handelsministerium thatsächlich ein Eisenbahn-Ministerium wird.
Schließlich wird auch eine Resolution genehmigt betr. die baldige
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