Die ersterreichisch--Ungarische Monarchie. (Jau. 30 — Febr. 24.) 221
gleich geforderten Finanzzölle einen Druck auszuüben, seine Demission.
Der Kaifer behält sich die Entscheidung vor.
30. Jannar. Oesterreich-Ungarn erklärt in St. Pelersburg
sehr bestimmt, daß es, ohne das Recht der Türkei zu Spezialabmach=
ungen zu bestreiten, sofern solche türkische Interessen berühren, jed-
wede Stipulationen, durch welche bestehende Verträge verändert und
somit die österreichisch-ungarischen Interessen berührt würden, in-
solange als ungiltig betrachten müsse, als dieselben nicht zwischen
den Signatarmächten vereinbart worden seien und deren Sanktion
erhalten hätten.
3. Februar. Oesterreich-Ungarn ergreift die Initiative, indem
es die Großmächte in aller Form zu einer europäischen Conferenz
behufs Berathung der in Folge des Kriegs vorzunehmenden Aende-
rung der Verträge nach Wien einladet.
3. Februar. (Oesterreich.) Der Kaiser lehnt die Entlassung
des Ministeriums Anersperg seinerseits ab mit Rücksicht auf die
Nothwendigkeit einer Beendigung des Ausgleichs und in der Hosf-
nung, daß derselbe durch gegenseitige Villigkeit doch noch gelingen
werde. "
9. Febrnar. Die Zeitungen wollen wissen, daß alle Vor-
bereilungen zu sofortiger Mobilisirung der Armee getroffen seien,
sind jedoch entschieden der Ansicht, daß es jetzt zu einem Kriege
gegen Rußland zu spät sei.
16.—26. Februar. (Ungarn.) Abg.-Haus: genehmigt das
Zoll= und Handelsbündniß mit Oesterreich incl. der Industrieschutz-
zölle, wenn auch nicht in der von der Regierung verlangten Höhe und
nur mit einer verhältnißmäßig sehr kleinen Majorität, die Fuletzt
auf 17 Stimmen herabsinkt.
24. Februar. Großer Kronrath unter dem Vorsitze des Kaisers
in Wien. Es nehmen an demselben die drei gemeinsamen Minister,
sämmtliche Mitglieder des cisleithanischen Cabineis und die nach
Wien berufenen ungarischen Minister Tisza, Szell und Wenkheim
Theil. Graf Andrassy legt demselben ein Exposeé über die gesammte
auswärtige Lage vor. Der Kronrath beschließt darauf, den Grafen
Andrassy zur Vorlage einer Creditforderung von 60 Mill. an die
Delegationen zu ermächtigen, betont aber zugleich allseitig, daß der
Credit nicht eine Forderung des Kriegsministers, sondern eine solche
der Diplomatie sei und zunächst nicht die militärische, sondern die
diplomalische Mobilisirung ermöglichen solle, nachdem Andrassy selbst