Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunzehnter Jahrgang. 1878. (19)

222 Die Oesterreichisch-AUngarische Monarchie. (März 2—8.) 
erklärt hat, daß er die Forderung keineswegs erhebe, um mit dem 
Gelde sofort die Mobilisirung ins Werk zu setzen, sondern daß er 
desselben als einer Rückendeckung, einer „Assurance“ bedürfe, auf 
welche gestützt er auf der Conferenz mit dem nöthigen Ernste die 
Forderungen Oesterreichs gegenüber Rußland vertreten könne. 
2. März. Graf Andrafsy hat den in Pesth maßgebenden 
Kreisen seine Bedingungen für eine Verständigung Oesterreich-Un- 
garns mit Rußland mitgetheilt, als letztes Wort seiner Politik. 
Dieselbe Mittheilung erfolgt in Verlin. Andrassy hofft, die Zu- 
stimmung Deutschlands zu erlangen. 
5. März. Oesterreich= Ungarn behauptet fortwährend die 
Initiative, um die endgültige Regelung der orientalischen Frage dem 
Nathe der europäischen Großmächte zu reserviren. 
Ursprünglich hatte Oesterreich eine europäische Conferenz und zwar 
in Wien angeregt. Weder die Conferenz noch Wien fand indeß genügenden 
Anklang: stalt der Conferenz wurde von andern Seiten ein Congreß der 
leitenden Minister selbst und statt Wien Baden-Vaden in Vorschlag gebracht. 
Oesterreich erllärte sich seinerseits auch damit einverstanden. Die Wichtigkeit 
der schwebenden Fragen gab zu der Auffassung den natürlichen Anlaß; man 
wollte es nicht darauf ankommen lassen, daß die Confereng-Delegirten, etwa 
mit ungenügenden Instructionen oder Vollmachten versehen, in die Lagze 
N 
lämen, von Fall zu Fall bei den leitenden Ministern sich Weisungen holen 
zu müssen. Aus diesem Grunde erließ denn auch die österreichische Regierung 
an die bei der Regelung der Orientfrage betheiligten Mächte neuestens ein 
Circular, in welchem sie denselben muttheilt, daß sie unn den Vorschla 
bezüglich eines Congresses in Baden-Baden, jür dessen Verwirklichung wenig 
Aussicht vorhanden war, Zurückziehe und Berlin als den Ort bezeichne, 
au welchem die europä#schen Berathungen nuter Zusammentritt der leitenden 
Minister am Leichtesten und binnen kürzester Zeil stallfinden könnten. Die 
sormelle Einladung zu diesem Congresse und die Bekanntgabe des Termines 
muß indeß selbstverständlich von Sriten der deutschen Regierung erfolgen. 
7. März. (Oesterreich.) Abg.-Haus: erledigt endlich nach 
17tägigen Debatten in dritter Lefung den Zolltarif und die Finanz- 
zölle und genehmigt dieselben mit 145 gegen 60 Stimmen, doch 
beqüglich der Ansätze für Cafe und Petroleum nicht in der von der 
Regierung gewünschten Höhe. Immerhin ist damit ein wesentlicher 
Schritt zur Lösung der Ausgleichsfrage gewonnen, wenn auch die 
Quoten-Frage und die Achtzig-Millionen-Frage noch ungelöst sind. 
Das Haus geht sofort zur Berathung des Budgets über. 
8. März. Zusammentritt der Delegationen. Die gemeinsame 
Regierung unterbreitet denselben 3 Vorlagen: über die Verlängerung 
der Indemnität bezüglich der gemeinsamen Auslagen auf Basis des 
1878er Budgels auf fernere drei Monale; über 3 Mill. Gulden
	        
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