Die Oekkerreichisch-Angarische Monarchic. (April 10—14.) 229
der bedrohlichen auswärtigen Lage in eine sehr precäre Lage gerathen
ist, und suchen eine Verständigung unter einander auf Grund eines
gemeinsamen Programms. Delegirte der sog. „unabhängigen libe-
ralen Parkei“, der Rechten und der aus der Regierungspartei
ausgetretenen Malcontenten entsenden zu diesem Zwecke Vertrauens-
männer.
10. April. Umänderung der bisherigen türkischen (französi-
schen) Eisenbahngesellschaft des Baron Hirsch in eine österreichische.
Baron Hirsch ist selbst österreichischer Staatsbürger geworden, seine
Sahageiellschait ist in die Hände des österreichischen Staates übergegangen
und der Siß derselben nicht mehr Konstanlinopel, sondern Wien. Conferenzen
beim türkischen Bolschafter in Wien übertrugen die bisher von der Pforte
ausgeübten Rechte über die genannte Gesellschaft an Oesterreich. Ignatieffs
Hanptbestreben in Konstantinopel ging dahin, die genannte Gesellschaft in
die Hände des russischen Staates Zu bringen. Graf Salm verhinderte dieß
mit außerordentlichem Geschick und Erfolg. Salm, ein hervorragendes Mit-
olied des Herrenhaufes, soll auch Vorsitender des Verwaltungsrathes der
nunmehr österreichischen Gesellschaft der türkisch- rumelischen Eisenbahnen
werden. Die Anerkennung und Sicherung gewisser Privilegien dieser Gesell-
schaft in der Bulgarei und Rumelien durch Rußland solle die conditio sine
nun non der österreichischen Zustimmung zu einem endgültigen russisch-türli-
schen Frieden bilden. Oesterreichs Verkehr bis Salonichi wäre dadurch ge-
sichert. England ist durch dieses Ereigniß nicht sonderllhh erfreut. Bisher
bestand in der Türkei das System, Bahnen von den Häfsen ins Innere zu
bauen, dagegen Anschluß an die Bahnen der Nachbarländer nicht nur nicht
zu suchen, sondern zu vermeiden. Hiedurch wurden Staaten mit großen
Handelsflotten, namentlich England, bevorzugt; jetzt soll umgekehrt von den
österreichischen Grenzen ins Innere des Türkenlandes gebaut werden.
14. April. (Ungarn.) Reichstag: die drei oppositionellen
Parteien verständigen sich wirklich und veröffentlichen das Programm
der „Vereinigten Opposition“".
Die äußerste Linke bleibt außerhalb der Combination; sie hat durch
den Mund Iranyi's erklären lassen, daß sie mit der Rechten niemals eine
Fusion eingehen werde und sich nur mit der unabhängigen liberalen Partei
verbinden wolle; Baron Banyhidy, der Führer der lehteren, hat aber wieder
die Gegenerklärung. abgegeben: daß seine Partei sich mit der äußersten Linken,
die den Ausgleich von 1867 noch immer nicht anerkennen will, nicht fusio-
niren werde. Obwohl also das am weitesten abstehende Element aus der
Combination ausgelassen worden, hat doch schon selbst das nun zwischen den
beiden in die Fusion einzubeziehenden Fraktionen zu vereinbarende gemein-
same Programm mancherlei Schwierigleiten verursacht. Ueber einige innere
Fragen, wie z. B. die Organisation der Comitate, scheint keine oder keine
rechte Verständigung möglich geworden zu sein, und dieselbe wurde beiseite
gesenzt. Das Programm umicht 15 Punkte, von welchen sich acht auf innere
Verhälimisse beziehen; der Rest bezieht sich auf den schwebenden Ausgleich
und die auswärtige Frage. In diesem liegt auch der Schwerpunkt des Pro-
gramms, weil die Fusion hauptsächlich wegen der Ausgleichsfrage eingegangen
worden, mit der offen eingestandenen Absicht in dieser oder in der auswär-
tigen Froge Tisza zu stürzen. Abneigung gegen Tisza, der Wunsch ihn zur