Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunzehnter Jahrgang. 1878. (19)

246 Pie Oesterreichisch-Augarische Monarchie. (Oct. 7—14.) 
wird jedoch bis zur Bildung eines neuen Cabinets fortfahren, die 
Geschäfte zu besorgen. 
7. October. (Bosnien.) Karatheodory Pascha übergibt dem 
ausw. Amt ein Rundschreiben der Pforte, worin der Wunsch aus- 
gesprochen ist, mit Oesterreich in freundschaftlichen Beziehungen zu 
bleiben, aber unter Hinweis auf das Verfahren der österreichischen 
Truppen in den occupirten Provinzen, das einer scharfen Kritik 
unterworfen wird, der Abschluß einer Convention abgelehnt wird. 
8. October. (Oesterreich: Görz u. Triest.) Landtage: Wäh- 
rend der in seiner Mehrheit italienische Landtag von Görz zu Gunsten 
Oesterreichs demonstrirt, demonstrirt dagegen die italienische Mehr- 
heit des Triester Landtags gegen die Zusammengehörigkeit mit 
Oesterreich (vergl. unten Italien). 
11. October. (Oesterreich: Tyrol.) Landtag: der Chef der 
Landesregierung, Graf Taaffe, beantwortet die glaubenseinheitliche 
Interpellation der clericalen Majorität dahin: die confessionelle Ge- 
seygebung sei seit 1867 in ihrem vollen Umfange in die Competenz 
des Reichsrathes übergegangen und somit dem Landesgesetze vom 
7. April 1866 (welches die Bildung evangelischer Kirchengemeinden 
von der Zustimmung des Tyroler Landtags abhängig machte) die 
bisherige staatsrechtliche Basis entzogen. 
13. Oetober. (Bosnien.) Die gemeinfame Negierung be- 
schließt eine theilweise Demobilisirung der Occupationsarmee. Die- 
selbe wird um ca. 60,000 Mann vermindert; immerhin verbleibt 
noch eine an 100,000 Mann starke Armee in den occupirten 
Provinzen. 
14. October. Oesterreich-Ungarn weist die „Gräuel-Note“ der 
Pforte bez. Bosniens vom 7. ds. Mts. sehr energisch zurück und 
erledigt die Ablehnung einer Convention bez. Vosniens durch eine 
Weisung an den österreichischen Bolschafter in Constantinopel, Grafen 
Zichy, der Pforte zu erklären: 
daß der Berliner Vertrag den Abschluß einer Convention nur facul- 
tativ vorgesehen habe, und daß das Nichtzustandekommen einer solchen Con- 
vention Oesterreich nicht hindern, könne und werde, nach Maßgabe des Ber- 
liner Vertrags vorzugehen; daß sodann, was Novi- Bazar betreffe, eine Occupa- 
tion desselben zur Zeit nicht beabsichtigt sei, daß Oesterreich sich aber die volle 
Freiheit der Entschließung vorbehalten mis, je nach den Umständen und 
im Sinne des Berliner Vertrags zu dieser Occupation zu schreiten. — Uebri- 
gens haben Deutschland. England und Frankreich die ihnen in der türkischen 
Circulardepesche angesonnene Intervention nicht bloß ausdrücklich abgelehnt, 
sondern auch kein Hehl aus dem sehr üblen Eindruck dieses Schriktes ge-
	        
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