Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunzehnter Jahrgang. 1878. (19)

248 Die Oeslerreichisch-Mugorische Monarchie. (Oct. 15 .17.) 
wohnern. Darum eben gelüstet ihm nach den weit größeren Annerionen. Da 
ist die Militärgrenze mit 309¼ Quadratmeilen und nahezu 700,000 Ein- 
wohnern, dann Dalmatien mit 232½ Ouadratmeilen und 442, 796 Seelen; 
schon diese beiden groszeroatischen Ausgliederungsobiecte übersteigen an Um- 
fang das annexionslustige „Mutterland"“. Wie erst, wenn noch Fiume und 
die ganze neue Acquisition Bosnien= Herzegowina dazu käme! Das gäbe ein 
Großcroatien von 2000 Geviertmeilen mit einer Bevölkerung von mehr als 
3/. Millionen Seelen! Und dafür soll Agram der politische und culturelle 
Schwerpunkt sein. 
15. October. (Oesterreich.) Der Finanzminister De Pretis 
wird vom Kaiser mit der Neubildung eines cisleithanischen Cabinets 
beauftragt. 
16. October. (Bosnien.) F.M.L. Ivanovic hält nach voll- 
ständiger Occupation und Pacification der Herzegowina seinen feier- 
lichen Einzug in Mostar, der Hauptstadt desselben. 
17. October. (Oesterreich.) Da der vom Kaiser mit der 
Neubildung des Cabinets beauftragte Finanzminister De Pretis die 
Absicht kund gegeben hat, sich vor Allem mit der Verfassungspartei, 
der Majorität des Abg.-Hauses des Neichsraths, ins Einvernehmen 
zu seßhen, so erörtert die Presse bereits nach allen Seiten die Grund- 
bedingungen für einen gesicherten Bestand jedes Cabinets unter den 
obwaltenden Umständen. 
„Vor allem — wird ihm gesagt — wird man darüber einig sein 
müssen, wie, mit welchen Mitteln, unter welchen Voraussetzungen und 
aunährrungsweise binnen welcher Frist die Herstellung des Gleich- 
gewichts im Andget erreichbar sei. Hier nun stößt unsere cisleithanische 
Frage mit dem großen Entzündungeheerde zusammen, auf den alle bedrohlichen 
Erscheinungen der heutigen Lage in gerader Linie zurückiuführen sind; hier 
ist die Finangfrage untrennbar mit der Frage der auswärtigen Politi 
verknüpft. Man kennt die Anstrengungen, welche Freiherr v. Preti= schon 
gemacht hat, um sich der Beseitigung des Deficits zu nähern. Der unga- 
rische Ansgleich war ihm der willkommene Anlaß, um die Finanzzölle Zu 
erhöhen und die. indirecten Steuern ertragsfähig zu machen. Gleichzeitig 
legte er dem Neichsrathe das Project einer Reform der directen Steuern vor, 
welches im Wesentlichen darauf abzielte, das große, mobile Kapital, welches 
sich bisher vermöge seiner schweren Faßbarkeit der Bestenerung fast ganz 
entzog, zur Antheilnahme an den Staalslasten heranzuziehen. Wurde die 
vom Abgeordnetenhaufe zum großen Theile angenommene Stenerreform durch- 
geführt, kraten hiezu noch einige Ersparungen in der Administration, welche 
gleichfalls zum Theile verwirllicht, zum Theile angebahnt sind, hielt über- 
dies die Besserung der allgemeinen Productions-Verhältnisse an, welche sich 
in den lehlen zwei Jahren allmälig bemerkbar machle, so war Hoffnung 
vorhanden, daß bis zum Jahre 1880 das Gleiihgemidht zwischen Ansgaben 
und Einnahmen im Staate hergestellt war, und daß man dann sich der 
Aufgabe widmen konnte, durch eine Neform des Wehrsystems, durch Stabili- 
sirung des Verhältnisses zu Ungarn und ähnliche längst erwünschte Ver- 
besserungen die Fundamente des Staates zu stärken, zu befestigen und trag- 
fähig zu erhalten. Durch alle diese Projecte hat aber die auswärtige Politik
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.