250 Die Oesterreichisch-Angarische Monarchie. (Oct. 20—22.)
Auregung der Protestantenfrage, von der Regierung selbst scharf zurück-
gewiesen, wiederum auf eine Glaubenseinheits-Adresse an. In Vorarlberg
verweigert der Bischof das Gelöbniß, indem er rundweg erklärt, daß er nicht
„allen“ Gesetzen Gehorsam geloben könne, namentlich nicht den Schulgesetzen,
indem er niemals zugeben könne, daß „der Kirche nicht das ihr von Gott
gesetzte oberste Recht der Erziehinig. und des Unterrichts in der Bildung des
Menschen zuerkanut werde, oder daß sie in solcher Weise gehemmt und ge-
bunden werde, daß sie ihre göltliche Sendung durchaus nicht ausführen
könne.“ Und die Mehrheit des Landlags beschließt eine Neszlut ion: du
Folge des Umstandes, daß der Landeshauptmann nicht aus der Mitte der
Mehrheit ernannt wurde, könne der Landtag nur dann weiter thätig sein, wenn
Vorarlberg seine alle Selbstverwaltung erhalte, wie sie unter den alten
Habs bburgern bestand. Die Wahlreform, die Schulgesetze, die neuen Reichs-
gesetze seien eben so viele die Rechtscontinnität dunshbrechende Verletzungen
der Landesrechte und müssen abgeschaffl werden.“ In Salzburg ergeht sich
die clericale Majorität in rücksichtsloser Behandlung der Minorität, faßt
eine Reihe stark reactionärer Beschlüsse und will ihr Werk noch durch eine
Adresse krönen, agegen welche selbst der Vertreter der Regierung Einspruch
erheben muß. Der böhmische Landtag endlich lehnt zwar den czechischen
Adresentwurf Rieger's ab, trägt aber doch den darin ausgesprochenen Wünschen
durch eine Resoluntion Rechunng, welche den Landesausschuß anweist. das
Elaborat einer revidirken Landtags-Wahlordnung dem Landtage in der nächsten
Session vorzulegen.
20. October. (Oesterreich.) Schluß der Session der Land-
tage. In mehreren wird dadurch die vorbereitete Adreßfrage einfach
abgeschnitten.
20. October. (Ungarn.) Eröffnung des Neichslags. Die
Thronrede spricht sich über die ausw. Angelegenheiten nur sehr kurz
dahin aus, daß „der erste Theil der bosnischen Aufgabe heule schon
als beendet angesehen werden könne“ und gibt der Eröffnung Raum,
daß „der rückständige Theil der Aufgabe mit größter Schonung der
Opferwilligkeit Unserer geliebten Völker werde effectuirt werden
können“.
22. October. (Oesterreich.) Wiederzusammentritt des Reichs-
raths, der die Session formlos wieder aufnimmt. Die Fortschritts-
partei bringt sofort einen Adreßentwurf (des Abg. Sturm) ein, der
mehr oder weniger die Anschaunngen der gesammten Verfassungs-
partei über die Occupationspolitik zum Ausdruck bringt und dem
Abg.-Hause Gelegenheit geben soll, noch vor den am 5. November
zusammentretenden Delegationen zu Worte zu kommen. Der Finanz-
minister legt einen 25-Mill.-Credit vor, was dem Hause sofort den
gangen Ernst der finangiellen Sitnation vor Augen führt, und das
Budget für 1879, das auch ein Defizit von 15 Mill. aufweist.
Im Vudget stehen den Ausgaben von 411,081,050 fl. Einnahmen
von 395,77610 fl. gegenüber. Der Abgang siellt sich demnach auf EII
nen Gulden gegen 23,2 Millionen Gulden im Jahre 1878. Die Abnahme