Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunzehnter Jahrgang. 1878. (19)

Die Oefterrtichisch-Ungarische Monarchit. (Oct. 31 — Nov. 4.) 253 
wärtig auf die Vorlage gar nicht einzugehen und die Regierung 
aufzufordern, ungesäumt den Berliner Vertrag zur verfassungs- 
mäßigen Vehandlung vorzulegen, und zwar mit der Beifügung, daß 
derselbe unbedingt vor Ausführung des darin Oesterreich übertragenen 
Mandats der Reichsvertretung zur Genehmigung hätte vorgelegt 
werden sollen. 
(Ungarn.) Reichstag: beschließt die sofortige Niederfetzung 
einer Adreßcommission und die Beschleunigung der Adreß-Verhand- 
lungen noch vor Eröffnung der Delegationen. 
31. October. (Ungarn.) Neichstag: bestellt die Delegation 
und zwar überwiegend im Sinne Tisza's und Andrassy's. 
Anfang November. (Bosnien.) Der bisherige Obercom- 
mandant in Bosnien, F.3. M. Philippovic, verlangt seine Enthebung 
und seine Rückversezung nach Prag, da er mit der beabsichtigten 
provisorischen Organisation nicht einverstanden ist und das von ihm 
proponirte (im Sinne der croatischen Nationalpartei gehaltene) Or- 
ganisationsstatut in Wien nicht hat durchsetzen können. 
2. November. (Ungarn.) Reichstag: Ministerpräsident Tisza 
legt den Text des Berliner Vertrags auf den Tisch des Haufes 
nieder. 
Dabei siellt er die : These auf, daß die Parlamente kein Recht hätten, 
internationale Verträge oder einen im Wege der Bevollmächtigten fämmtlicher 
Mächte zu Stande gekommenen Beschluß (Occupationsmandat) anzufechten, 
es würde dadurch die Basis des gejammten europäischen Rechts erschüttert 
werden. Auf den vorliegenden Fall angewendet, soll dieß heißen, daß das 
Haus den Berliner Vertrag zur Kenntniß nehmen, aber nicht über deuselben 
discutiren oder eine Resolntion fassen könne. 
4.—5. November. (Oesterreich.) Abg.-Haus: die Regierung 
legt den Text des Berliner Vertrags auf den Tisch des Haufes 
nieder. Die Adreßcommission legt den Entwurf einer Adresse an 
die Krone vor. Debatte darüber. Die Rede des polnischen Abg. 
Hausner gegen die bosnische Occupationspolitik, gegen Nußland und 
die Dreikaiser-Allianz macht besonders Aufsehen. Die Adresse wird 
sosort in erster, zweiler und dritter Lesung behandelt und schließlich 
mit 160 gegen 70 Stimmen, also mit mehr als einer Zweidrittel- 
mehrheit angenommen. Dagegen stimmen nur die Rechtspartei 
(Föderalisten), der Polenclub und einige Mitglieder des Centrums. 
Die Minister enthalten sich der Abstimmung. 
Die Beschwerden, welche gegen die Occupationspolitik erhoben werden, 
und denen der Adreßentwurf an die Krone übrigens in ziemlich ge- 
mäßigter Form Ausdruck verleiht, sind besonders von dreierlei Art. Zuoerst
	        
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