Die Oesterreichisch-Ungarische Monarchie. (Nov. 14 -27.) 261
zu stellen, wie England und Frankreich bereits Egypten unter ihre spe-
zielle Obhut genommen hätten. Rußland wäre aber dabei zur Beit bei
seiner militärischen Siellung in der europäischen Türkei zu beiden Seiten des
Balkaus ohne allen Zweifel der Löwenankheil zugefallen. Der Plan scheitert
daher an dem etschlossenen Widerspruche Englands. In zweiter Linie aber
sucht Schuwaloff Oesterreich dafür zu gewinnen, Rußland das Durchzugs-
recht durch die Dobrudscha auch nach der für die Räumung Vulgarieus fest-
gesetzten Frist zu gewähren. und zwar sogar für das Zugeständniß einer
befestigten Etappenstraße. Dieses Begehren wird jedoch von Oesterreich auf
das Entschiedenste abgelehnt.
14. — 27. November. (Ungarn.) Reichstag: Adreßdebatte.
Der von der Mehrheit der Commission im Sinne der Regierung
vorgelegte Entwurf spricht sich zwar bedenklich bez. der Finanzfrage,
aber doch nicht gegen, eher für das bosnische Unternehmen aus.
Graf Apponyi bringt Namens der Minderheit im Sinne der sog.
Vereinigten Opposition einen Gegenentwurf ein. Schließlich wird
der Mehrheitsantrag mit 202 gegen 180 Stimmen als Grundlage
der Spegialdebatte und dann auch in dieser angenommen. Die
Mehrheit für die Regierung beträgt also nur 22 Stimmen und
wenn man die 6 Minister und 4 Staatssecretäre abzieht, sogar nur
12 Stimmen. Die Croaten, denen der Entwurf nicht entschieden
genug lantet, hatien mit 12 gegen 6 Stimmen beschlossen, gegen
denselben zu stimmen. Die Hauptstellen der beschlossenen Adresse
lauten:
„. Die Bereitwilligkeit, mit welcher Jedermann in unjerm Vater-
lande sich beeilte, die Befehle Ew. Majestät zu erfüllen, konute uns nicht
vergessen machen, wie schwer die von uns beanspruchten Opfer sind, konnte
nicht die Frage zum Schweigen bringen, ob das auch im günstigsten Fall
zu erreichende Ziel mit diesen schweren Opfern im gehorigen Verhältniß
stehen werde. Wir haben nicht das Recht und derzeit auch )5 nicht die? Absicht,
den provisorischen Charakter der Occupation in Zweifel zu ziehen. Wir
entnehmen der Erklärung Ew. Majestät, daß die Monarchie nur zur Be-
sebung und Verwaltung der in Rede stehenden Länder ein Mandat empfangen
habe. Wir sind überzeugt, daß die Weisheit und die constitutionelle Ge-
sinnung Ew. Majestät zu allen Zeiten jede derartige Aenderung dieses Zu-
standes zurückweisen würde, welche mit den bekannten Wünschen der Mehr-
heit Ihrer getreuen Völker und eines groen Theils der politischen Factoren
im Widerspruch stünde. Aber schon die Occupation au und für sich, von
welcher die Legislative nicht im Voraus Kennluiß erlangen konnte, hat eine
große Reihe vollendeter That sachen geschaffen, welche die Luelle
der von uns erwähnten Bennuruhigung bilden. Wir wissen, daß
wir in dieser Beziehung innerhalb einer gewissen Grenze die Interessen unseres
Uneerlanden mit der Würde des fürstlichen Thrones, der Großmachtstellung
der Monarchie und der Sicherheit der Occupationsarmee in Einklang bringen
müssen. Allein so eng auch diese Grenze gezogen werden möge, die Folgen
dieser vollendeten Thatsfachen muß das Land schon heute in mehr als einer
Beziehung schmerzlich empfinden. Eine Laukerrungenschaft des jüngsten
Reichstages bestand darin, daß wir uns der Ordnung unserer Finanzen,