Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunzehnter Jahrgang. 1878. (19)

264 Die Geftrreichisch-Augarische Monarchie. (Nov. 22--24.) 
das gemeinsame Ministerium für ihre Forderungen bez. der bosni- 
schen Occupation in beiden Delegationen im Wesentlichen auf eine 
Majorität zählen können, obgleich im Ungarischen Unterhause die 
Majorität, welche der Regierung in der bosnischen Frage wenigstens 
so viel möglich zu Willen sein will, nur eine verschwindend kleine 
ist, im österreichischen Reichsrathe dagegen die Majorität, wie sich 
bei der Adreßdebatte gezeigt hat, dem Unternehmen entschieden wider- 
strebt. Die gemeinfame Regierung bringt in beiden Delegationen 
die bosnischen Occupationsvorlagen ein: 
Der Nachtragskredit für 1878 beläuft sich anf 41,720,000 fl., das 
Erforderniß für 1879 auf 7/33,,00,000 fl. zusammen also 75,280,000 fl., 
von denen auf die österreichische Neich-hälfte 52,09½,900 fl. entfallen. Aus 
der Specisicalion des Erfordernisses jür 1879 ergibt sich, daß das sel be 
ansschließlich für die militäriĩchen Oceupationsmaßregeln bestiinmt ist. Ferner 
ist die Summe dieses Erfordernisses auf, die vier Quartale des Jahres 1879 
derart in absteigender Linie vertheilt, daß der größte Theil —- mehr als 
zwei Drittel ## in den beiden ersten Quartalen zur Verwendung kommt und 
das letzte Drittel jür die beiden letzten QOnartale reservirt bleibt. Das ge- 
meinsame Ministerinm „glaubt“ mit diesen 33 ½ 2 Millionen „das Auslangen 
zu finden“. Für 1880 wird in der Vorlage sowohl eine weitere Herab- 
minderung des Standes und der Gebühren der Occupationstruppen, wie auch 
die Moglichkeit einer Heranziehung des Erträgnisses der orcubirten“ Länder 
in Aussicht gestellt, so- daß in diesem Jahre ein außerordentliches Occupa- 
tionserforderniß entweder gar nicht oder nur in geringem Maße nothwendig 
sein dürfte. 
Oesterreichische Delegation: Herbst, der an der bosnischen 
Adreßdebatte im österreichischen Reichsrathe sich nicht betheiligt hatte, 
stellt sich in der Delegation an die Spitze der Opposition gegen das 
bosnische Unternehmen, indem er die Finanzlage Cisleithaniens in 
den düstersten Farben schildert und geradezu erklärt, daß am Ende des 
Weges, der eingeschlagen wurde, der Staatsbankerott drohe. 
22. November. Oesterreichische Delegation: bewilligt die für 
die Umgestaltung der Werndl -Gewehre von der Regierung in 
Anspruch genommene sehr bedeutende Summe mit 30 gegen 23 
Stimmen. Dieß ist die Majorität, auf welche Andrassy in der 
österreichischen Delegation auch bez. Bosniens rechnen kann. 
24. November. Oesterreichische Delegation: Budgetausschuß: 
beschließt auf den Antrag Herbst's mit 14 gegen 6 Stimmen, die 
Delegation möge mit Rücksicht auf die unvollständigen Nachweise 
über die für Bosnien über die 60 Millionen hinaus im J. 1878 
verausgabten Summen und in Erwägung, daß die verfassungs- 
mäßige Zustimmung des Reichsrathes zum Berliner Vertrage, auf 
Grund dessen die Verausgabung geschah, noch nicht ertheilt wurde, 
über die Vorlage zur Tagesordnung übergehen.
	        
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