Die Oesterreichisch-Angarische Monarchie. (Nov. 26 — Dec. 1.) 265
26. November. (Oesterreich: Triest.) Die Regierung löst
den Stadtrath von Triest, welcher zugleich die dortige Landesver-
tretung ist, auf.
Die nächste Veraulassung dazu ist der ablehnende Beschluß des Stadl-
raths auf einen Antrag zum feierlichen Empfang der aus Bosnien zurück-
kehrenden Truppen, im weiteren aber die entschieden und ausgesprochen ita-
lienische Gesinnung der Körperschast.
28. November. Oesterreichische Delegation: Andrassy zieht die
Nachcereditvorlage für Bosnien pro 1878 vorerst gurück.
30. November u. 1. December. Oesterreichische Delegation:
Andrassy spricht sich in Antwort auf eine Interpellation nochmals
sehr ausführlich über die bosnische Occupation aus und sucht sie
als eine unabweisliche Nothwendigkeit darzustellen, indem er bez.
der Annexionsfrage beifügt: die Occupation werde so lange dauern,
bis deren von Curopa anerkannte Zwecke erreicht, die Gefahren ab-
gewendet seien, die Türkei die gebrachten Opfer ersetze und die Ge-
währ biete, daß der geschaffene Zustand unter ihrer Herrschaft sich
nicht verschlechtere. Sollte es zur Frage der Annexion kommen, so
würden die gesetzgebenden Körper mit der Krone darüber entscheiden;
diese Frage sei indeß nicht an der Tagesordnung.
Seine sehr umfangreiche Darlegung basirt wesentlich auf folgender
Argumentation: Jeder Unparleii#che müsse zugestehen, daß die Monarchie,
ohne an dem Kriege Theil zu nehmen, an Ausehen gewonnen habe, und daß
sie zur theilweisen Entfaltung ihrer Wehrlraft nur nach dem Kriege und
nur Behufs einer klar umschriebenen Aufgabe, nämlich der O Occupation und
Administration Bosniens und der Herzegowina, gezwungen gewesen sei. „Tie
Monarchie bedarf keiner Territorialvergrößerung, bedarf nur der inteusiven
Entwicklung, nicht der extensiven Ausdehnung. Weil dieß ihre Aufgabe, so“
ist ihr Bestand und ihre Kräftigung als europäische Nothwendigleit erkannl
und flößt die Ausführung ihrer natürlichen Mission den europäischen Mächten
nicht Mißtranen, sondern Vertrauen ein.“ Er sucht an der Hand der That-
sachen die Behauptung zu enkkräften, daß die Regierung die Sccupation habe
unvermeidlich machen wollen. Der Minister recapilulirt seine Politik während
der Conferenzen zu Constantinopel und London, legte dar, daß dieselbe jedes
Streben nach Ländererwerb ausschließe. und führte jodann den Nachweis,
daß nach dem Frieden von San Stefano der Versuch, Bos znien und die
Herzegowina in einer autonomen Stellung unter der nominellen Herrschaft
der Türkei zu erhalten, aussichtslos gewesen wäre, daß sich auf dem Congessse
keine Stimme für die Lebensfähigkeit solcher Autonomie erhoben habe, und
daß schließlich sogar der Verlust Dalmatiens nur eine Frage der Zeit ge-
wesen wäre. Er weist auf den dominirenden Einfluß Montenegro's auf die
Nachbarprovinzen hin, während von Bosnien und der Herzegowina aus
Oesterreich dominire. Ohne dessen heutige Stellung wäre die Ruhe der öster-
reichischen Grenzprovinzen von dem Willen der kleinen Nachbarstaaten ab-
hängig; die Ni flannahme des Berliner Mandales würde die Pöbelherrschaft
in Bosnien und der Herzegowina, das Einschreiten Montenegro's und die
Verwendung eines Theiles der jetzt Bosnien occupirenden Truppen in den
Grenzprovinzen zur Folge gehabt haben. „Bei der Unmöglichkeit für die