286 Großbriktannien. (Jan. 17.)
veränderten Kriegsumstände nach dem Falle Plewna's und durch das An-
suchen der Pforte um Frieden. Lord Grawille habe über die verzögerte Ein-
berufung des Parlaments geklagt. Es sei zu bedenken, daß das Parlament
nicht in wenigen Stunden einbernsen werden könne. Die Zeitungen seien
nicht maßgebend für die Politik der Regierung. Diese sei nicht schwankend
oder schwach gewesen. Solche Behauptungen sollte man nicht auf anonyme
Publikationen basiren. Die Regierung habe von Anbeginn au nie gezögert
hinsichtlich der zu befolgenden Polilik. Lange vor dem Ausbruche des Krieges,
als die Möglichkeit des Ausbruchs des Kampfes der Regierung die Pflicht
nahe legte, zu erwägen, welche Interessen gefährdet sein dürften, beschloß die
Regierung einstimmig, die Pflicht Englands sei die stricte Nentralität im
Kriege, und von dieser Politik sei sie niemals abgewichen. Schon in der
letzten Session des Parlaments habe er (Beaconssield) erklärt, die Neutralität
Englands sei dadurch bedingt, daß die Interessen Eugland nicht gefährdet
würden. Diese Interessen habe Lord Derby in seiner Depesche definirt.
Während der Ferien des Parlaments habe er (Beaconsfield) nur eine Rede
gehalten und darin erklärt, nichts solle die Regierung bestimmen, von der
Petongen Neutralität abzuweichen. Er könne daher nicht verstehen, worauf
die Anschuldigung einer Schwankung basire. Gramville habe die englische
Politik als selbstsüchtig bezeichnet, aber Graf Andrassy habe doch auch in einer
offiziellen Note erklärt, Oesterreichs Politik sei die bedingte Neutralität, es
sei Oesterreichs Sache, über Oesterreichs Interessen zu wachen. Er (Beacons=
field) wisse auch nicht, daß Deutschland Ansdrücke gebraucht habe, welche
freier von Selbstsüchtigkeit seien, als die von der englischen Regierung ge-
brauchten. Da die englische Regierung dieselbe Politik befolge, die sie von
Anfang verfolgt, und da sie den Beginn von Unterhaudlungen herbeigeführt
habe, welche erfolgreich sein könnten oder auch nicht, so habe sie Grund, mit
Vertrauen an das Parlament zu appelliren wegen der Mittel, um den Schuß
der englischen Inleressen wirksam zu machen. wenn es jene Politik billige.
Hätte die Regierung das Land in eine Lage der Isolirung versetzl, so hätte
sie dem Lande großen Nachtheil zugesügt. Aber der Waffenstillstand für
Serbien, das Verschwinden des Berliner Memorandums, die Conferenz und
die jüngsten Verhandlungen hätten bewiesen, daß das nicht der Fall sei.
Beim Veginne des Jahrhunderts habe Gugland unter den entmuthigten Ge-
meinwesen Curopas allein feine nationale Unabhängigkeit vertheidigt. Eng-
land würde jetzt ebensalls nicht zurückschrecken, für eine solche Sache sich Zu
erheben. Englands Einfluß werde im Nathe Europas sehr empfunden. Dieser
Einfluß werde von der Negierung aus geübt werden, um einen stabilen und
dauerhaften Frieden zu erlangen. Wenn sie aber berufen sein jollte, die
Rechte Englands zu verfechten und bassen Interessen zu verlheidigen, so würde
sie nicht zögern, wieder und wieder an das Parlament zu appelliren, um die
Rechte des Reiches zu verfechten und seine Interessen zu vertheidigen. Herzog
von Argyle charakterisirt die Rede Lord Beaconsfield's als gläugend, aber
nicht zweclentsprechend. Sie weiche einer Erklärung über die Politik aus,
welche das Land ein Recht habe, von dem Haupte der Regierung zu erwarten.
In seiner Definirung der englischen Interessen habe Lord Beaconsfield weder
der Integrität noch der Unabhängigkeit der Türkei erwähnt. Betreffs des
Suegkanals sei es selbstverständlich, daß GEugland nie gestatten könne, daß
sein directer Weg nach Indien gestörl werde. Die Frage der Dardanellen
müsse eine europäische bleiben, aber wenn die Türkei aufhöre, eine europäische
Macht zu sein, so werde eine Veränderung des Reglements für Kriegsschiffe
nothwendig sein. Der Vesitz Constantinopels sei auch als eine europäische
Frage bezeichue! worden. Wenn die Negierung jedoch der Ansicht sei, daß,
so lange die Türkei Widerstand leiste, Nußland verhindert sei, in jene Stadt