Großbrillannien. (Jan. 18 22.) 237
einzuziehen, so würden daraus die ernstesten Fragen entstehen. Marquis
v. Salisbury: Die Türkei sei wiederholt gewarnt worden, keine Hilfe von
England zu erwarten, und sie würde keine Hilfe zur Vertheidigung ihrer
Interessen erhalten, obschon es vielleicht nohwendig werden könnte, Englands
eigene Interessen zu schützen. Er stellt in Abrede, daß Meinungsverschieden=
heiten im Cabinette herrschen, und schließt seine Rede mit folgenden Worten:
„Ich wünsche nicht auf die genauen Umstände einzugehen, unter welchen die
definirten Interessen Englands bedroht waren, aber ich weiß, daß die Kriegs-
wogen sich sehr jenen definirten Localitäten nähern, und ich sage, wenn Sie
der Regierung nicht vertrauen, so versehen Sie sich mit einer anderen Re-
gierung, der Sie vertrauen wollen. Wenn Sie aber der Regierung ver-
trauen, so versehen Sie sie mit den geeigneten Mitteln, um wirksam das
Vertrauen durchzuführen, das Sie ihr auferlegt haben."“
18. Januar. Das auswärtige Amt veröffentlicht ein Blau-
buch über das türkische Friedensgesuch.
Die bedeutsamsten Thatsachen, die sich daraus ergeben, sind: Am
24. December benachrichtigle Derby den Botschafter Layard, daß eine gemein-
same Mediation der Mächte in Folge der Weigerung Deutschlands gescheitert
sei. Am 9. Januar berichtet à Lotschafter V Lostus, Gortschakoff glaube, daß
der Frieden nur unter zwei Bedingungen erzielt werden könnte, nämlich daß
die russische Armee vordringe und daß die Türken sich überzeugten, daß sie
von England keinen Beistand zu erwarten hätten; nur dann würde die
Pforte Bedingungen annehmen, unter denen der Frieden geschlossen werden
könnle.
22. Jannar. Unterhaus: der Schatzkanzler gesteht zu, daß
die Königin schon vor mehreren Tagen ein direktes persönliches Ge-
such des Sultans um Vermittlung bei Nußland für den Abschluß
eines Waffenstillstandes erhalten und darauf folgendes Telegramm
an den Kaiser von Nußland gerichtet habe:
9 habe vom Sultan ein directes Gesuch erhalten, das ich nicht
ohne Aldchrt lassen kann. Da ich weiß, daß Sie aufrichtig den Frieden
wünschen, so bedenke ich mich nicht, Imn diese Thatsache mitzutheilen, in
der Hoffunng, daß Sie die Verhandlungen zur Abschließung eines Wassen-
stillstandes, der zu einem ehrenvollen Frieden führen kann, beschleunigen
können.
Die Mittheilung auch der Antwort wird abgelehnt. Man
weiß indeß, daß Rußland sich zu einem Waffenstillstand bereit er-
klärt, jedoch nur, wenn man sich vorher über Friedenspräliminarien
geeinigt hätte, daß hierauf die Unterhandlungen zwischen Rußland
und der Pforte eröffnet wurden, daß aber über den Fortgang der-
selben Eugland, offenbar absichtlich, keinerlei Mittheilungen erhält.
23. Januar. In Folge von Nachrichten über den Zustand
in Constantinopel befiehlt die englische Regierung der Flotte, in den
Bosporus zu segeln. Der Sultan ertheilt den Ferman dazu. Auf
neue Berichte des englischen Botschafters zieht jedoch die englische
Regierung ihre Ordre wieder zurück.