Großbritlannien. (Jan. 28 — Febr. 8.) 293
waltung für die Eingangs erwähnten Nalionalitäten hergustellen und zwei-
tens die Freiheit der Wasserstraßen für den Welthandel zu sichern; drittens
werde die Regierung versuchen, jeder Möglichteit, das indische Reich durch
Aegypten zu gefährden, vorzubeugen. Die Regierung sei bereit. auf der Con-
ferenz diese Fragen im versöhnlichsten Sinne zu diskutiren; es werde vor
Allem ihr höchstes Streben fein, eine Lösung herbeizuführen, welche einen
möglichst dauerhaften Frieden verheiße; denn die Besorgnisse und die Un-
gewißheit der leßten Sör- seien unerträglich geworden. Der Zweck des
Credites sei folgender: England besitze nur eine kleine Armee, die aber einer
rapiden Vermehrung fähig sei. Ein Theil des Geldes werde dazu veraus-
gan werden, um einen Theil der Armee marschbereit zu halten, obwohl er
hoffe, die Nothwendigkeit, das Geld zu diesem Zweck zu verausgaben, werde
gar nicht entstehen. Allein die Regierung verlange, daß ihr das Geld zur
Verfügung gestellt werde, um die von ihr angenommene Politik unterstützen
zu können. Gladstone erklärt sich mit den Ausführungen Northceote's zu-
frieden, obwohl er nicht einsehe, wie dieselben die Credikforderung unter-
stüten sollten. Er verstehe nicht, wie England über eine zeitweilige Deschung
Konstantinopels klagen könne. Die Sprache der Negiernng hinsichtlich der
Dardanellen sei billig; was den Suezkanal i— so hälten die Mikllelmeer=
mächte ein größeres Interesse an der freien Durchfahrt, als England. Ob-
wohl er indessen die Erklärungen Northcote's so weit billige, so könne er
doch nicht vergessen, daß die erste Politik der Regierung auf die Wiederher-
stellung des status duo ber Türkei gerichtet gewesen sei. Er hoffe, daß diese
Politik jetzt ganz aufgegeben worden, da die verschiedenen Nationalitäten der
Türkei nicht für Rußland, Oesterreich oder die Türkei, sondern für sich exi-
stirten und nur die Civilisation derselben die Hauptsache sei. Rußland hobe
durch die von ihm gebrachten Opfer das Recht verdient, die ünvische
völkerung zu schützen. Er (Gladstone) fürchte Oesterreichs Nolle auf
der Confereng. England möge diese Macht auf der Conferenz bewachen.
Oesterreich habe bei jeder europäischen Verwickelung unglücklicher Weise die
Grundsage einer Politik adoplirt, welche den verwandlen Volksstämmen außer-
balb der Grenzen Oesterreichs feindlich sei. Oesterreich habe mit großen
inneren Schwierigkeiten zu kämpfen, diese dürften jedoch keinen unheilvollen
Einfluß auf die Lösung der schwebenden Frage babe. Zu solchen Zwecken
dürfe England sich nie wieder mit Oesterreich vereinen. Er (Gladstone) habe
ein billiges Recht, zu verlangen, daß, da Rußland Congessionen für die
Unlerthanen der Türkei erlangt habe, England nicht zur Cenferenz
gehe, um diese Conzessionen hemeinschaftlich mit, Oesterreich
oder einer anderen Macht zu beschneiden. Wen aber die Politik
der Regierung den von Northrote abgegebenen Erklärungen entspreche, und
wenn sie mit Rußland cooperire, wozu brauche man dann noch den Credit?
Die von der Regierung aufgestellten Basen für die Conferenz brohten nicht,
eine Collision mit Rußland herbeizuführen, der Zweck des Votums sei daher
nicht zu erkennen und die Forderung selbst ohne Präzedenzfall und verfassungs-
widrig. Obwohl er bereit sei, die von der Regierung entwickelte Polikik zu
unterstützen, müss er doch gegen den Credit stimmen, weil derselbe nicht con-
stitulionell sei.
Mährend des Laufes der Debatten hat die Stimmung der
öffentlichen Meinung entschieden umgeschlagen und haben die Kund-
gebungen für eine energische Politik gegen Rußland unzweifelhaft
die Oberhand gewonnen über eine Friedenspolitik um jeden Preis.
Schon am 30. Jan. beschließt ein Meeling in Sheffield, einberufen,