Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunzehnter Jahrgang. 1878. (19)

300 Großbrittannien. (März 18—23.) 
nütziger: England sieht sich genöthigt, gegenüber dem Vorgehen Ruß- 
lands die Ansprüche der griechischen Race gegen diejenigen der 
Slaven auszuspielen. 
18. März. Der Wortlaut des Friedens von St. Stefano 
geht erst jetzt vollständig dem englischen Cabinet und zwar von 
Constantinopel aus zu. 
21. März. Oberhaus: Derby erklärt neuerdings bezüglich 
der Bedingungen, unter welchen allein England an dem Congresse sich 
betheiligen werde: 
Hinsichtlich der Bedingungen, unter denen England den Congreß be- 
schicken werde, habe er am 13. d. M. an den Grafen Beust geschrieben, daß, 
bevor Eugland zum Congreß gehe, genau festgestellt sein müsse, daß jeder 
Artikel des Vertrages dem Congresse vorgelegt werden müsse, nicht noth- 
wendiger Weise behuss Annahme oder Verwerfung, sondern damit erwogen 
werden könne, welche Artikel der Annahme oder Zustimmung der verschiede- 
nen Mächte bedürfen und welche nicht. Darüber solle verhandelt werden. 
Rußland habe die Erklärung abgegeben, daß der vollständige Text des 
Friedeusvertrages den Mächten nach dem Austausch der Natifikationsurkunden 
mitgetheilt werden solle. Es sei aber eine weitere Frage enlstanden, über 
welche bis jetzt noch keine Versländigung erzielt worden sei, nämlich die, ob 
es. zugegeben sei, daß alle Bestimmungen des Vertrages dem Congresse zur 
Discussion vorgelegt werden solllten. Die englische Regierung habe an die 
russische die Anfrage gerichtel, ob Rußland damit einverstanden sei, daß die 
Mittheilung des Vertrages in seiner Gesammtheit an die verschiedenen Mächle 
als eine Vorlegung des Vertrages für den Congreß angesehen werden solle, 
damit der Vertrag geprüft und erwogen werden lönne. Eine: allgemeine 
Regel sei es, daß auf den Congressen keine Abstimmung vorgenommen werde, 
daher klönne auch nicht von einer Majorität oder Minorität die Rede sein, 
und somit könne Rußland nicht aufsgefordert werden, alle Fragen der Ent- 
scheidung der Majorität der Mächte zu unterbreiten; ein solches Verlangen 
wäre überhaupt unbillig. England verlange nur, daß sämmtliche Artikel des 
Friedensvertrages dem Congresse zur Discussion und zwar nur zur Discussion 
zugehen sollten, denn nur so sei es möglich, zu entscheiden, welche Artikel das 
europäische Arrangement beträfen, welche nicht. Dieß sei der einzige noch 
streitige Punkt. Rußlands Antwort hierauf stehe noch aus; die Forderung 
sei öillig, und mäßig; würde dieselbe nicht zugestanden, so wäre der Con- 
greß nuhlos. 
Lord Campbell and Stratheden schlägt vor: England solle, vor 
Beschickung des Congresses, sein gesammtes Heer mobilisiren, eine 
beträchtliche Truppengahl nach Malta schicken, die Flotte aus dem 
Marmara-Meer ins Schwarze Meer abgehen lassen und die Leitung 
der auswärtigen Angelegenheiten vorläufig in die Hand des Premier 
legen, um dadurch den Rest von Dualismus oder Zweigetheiltheit im 
Cabinet zu beseitigen. Im Ernst ist davon noch keine Rede: aber 
der Vorschlag ist bezeichnend für die Lage und die Stimmung. 
23. März. Die Rüstungen sind bis auf einen gewissen Punkt 
beendigt: Die erste Heeresablheilung ist mobilisirt; die zweite steht
	        
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