Eroßbriltannien. (Nov. 9.) 333
stätigung und die Ausführung des Verirages und dessen sonstige Vorlehrungen
ins Werk gesetzt werden sollen. Bon dieser Frist ist nicht die Hälfte, nicht
mehr als ein Deikal bereits verstrichen. Ist während dieser Zeit — dem
Berliner Vertrag nichts geschehen? Unter den Vestimmungen des Berliner
Vertrages hat Rußland sich von Constantinopel zurückgegogen, das in seiner
Gewalt war; es hat sich ferner zurückgezogen von der Meerenge von Galli-
poli, neben Gonstantinopel in zweiter Reihe von Bedentung und von Einigen
ihm gleichgeachtet; Rußland hat ferner der Pforte die Stadt Erzerum zurück-
gegeben, welche wahrscheinlich bald der Schauplaß der stärksten Befestigungen
in Kleinasien sein wird; unter den Bestimmungen des Berliner Vertrages
hat der Sultan seine Donaufestungen abgegeben und ist der Meerbusen von
Batum, der, wie man meinte, nur durch einen blutigen Bürgerkrieg erlangt
werden könnte, ohne daß ein Tropfen Blut vergossen worden wäre, abgetreten
worden. (Beifall.) Unter den Bestimmungen des Berliner Vertrages sind
in diesem Augenblicke Comités und Commissionen der geeignetsten Personen
der verschiedenen Staaten Europa's damit beschäftigt, die Grenglinien für die
durch den Berliner Vertrag geschaffenen verschiedenen Staaten und Provinzen
festzustellen. Wie hat in dem größten Theil des Vertrages, obschon wenig
mehr als 3 Monate verstrichen sind, nicht viel mehr als ein Drittel der vom
Congreß vorgesehenen Frist — jetzt dieses große Resultat erzielt werden
können? und sollen wir nicht glauben, daß alles Andere, nicht so Wichtige,
allgemein gesprochen, was noch unerledigt geblieben ist, in der vom Vertrage
vorgesehenen Frist sollte fertig gestellt werden? (Beifall.) Das kann ich für
Ihrer Majestät Regierung sagen, daß wir keine Anzeige bekommen haben
von einer der Mächte, die den Vertrag unterzeichneten, daß sie wünsche oder
gewillt sei, der vollen Erfüllung ihrer Berpflichtungen auszuweichen. (Er-
neuter Beifall.) Unzweifelhaft wurden bei der Regelung der Angelegenheiten
Europa's die Forderungen des einen der Kriegführenden, welcher mit un-
gehenern Opfern von Menschen und Geld den Krieg zu siegreichem Ende ge-
führt hat, in Erwägung gezogen, und es war nothwendig, daß diese An-
sprüche anerkannt und erwygen wurden. An erster Stelle, wenn die Mächte
nicht bereit waren, diese Ansprüche angnerkennen und zu erwägen, würde der
Congreß eben nicht stattgefunden haben, der Krieg hälte auf's Neue begonnen,
und wahrscheinlich wäre ein allgemeiner Krieg die Folge gewesen; aber Dank
diesen Zugeständnissen hatte der Congreß die Hauptaufgabe, den Sultan als
einen wirklich unabhängigen Fürsten mit einem angemessenen Gebiet in Eu-
ropa und in Asien hinzustellen und bei der Aufrechthaltung des politischen
Gleichgewichts eine Rolle spielen zu lassen; und das war die anerkannte
Politik, das war die Politik, die, wie ich glaube, befolgt werden wird.
Deßwegen muß ich die Meinungen, die zu meiner großen Ueberraschung in
Umlauf geseht worden sind, verwerfen und zurückweif sen, daß die Bertrags-
unterzeichner oder einer derselben die Möglichleit ins Ange gefaßt habe, ihren
Berbslichtungen auszuweichen oder zu entkommen. Man sagt, daß man in
der Politik das Unmögliche ins Auge fassen müsse; ich halte es in diesem
Augenblick für ganz unmöglich, daß einer der Vertrags zuntergeichner in irgend
einer Weise versuchen sollte, sich seinen Verpflichtungen en entziehen; aber
das kann ich Seitens Ihrer Majestät Regierung sagen, daß sie es nicht ist,
welche sich ihrer Pflicht entzieht. (Lauter Beifall.) Ich tann Seitens Ihrer
Majestät Regierung sagen, daß es ihre Politik und ihr fester Wille ist, daß
der Berliner Vertrag in Geist und Wort ausgeführt werde (ernenter Beifall),
da nach ihrer Meinung die in dem Vertrage ausgesprochene Ordnung der
Dinge dem Fortschritt und der Civilisation der Welt Vorschub leistet und
wunderbar zweckmäßige Bestimmungen zur Sicherung und Festigung des
Friedens in sich schließt. Ihrer Majestät Regierung würde im Noth-