Frankreich. (Sept. 5 —18.) 371
Uebertreibung sagen kann: hier bringt ein ganzes Volk einem seiner größten
Männer den schuldigen Tribut der Daulbarkeit und den Anedruck einer
tiefen und wahren Verehrung dar. Mehr als 200,000 Personen nehmen
an der Feier Theil. Dagegen betheiligt sich daran der radicale Pariser Ge-
meinderath offiziell nicht und ebenso erscheint dabei auf der andern Seite
er Marschall-Präsident nicht, ferner der Erzbischof von Paris und der päpst-
eche A-untius. Auch glänzen die Militär-Uniformen mit wenigen Aus-
nahmen durch ihre Abwesenheit. Wohl aber haben sich dazu bei 3000
Maires aus allen Theilen des Landes ringefunden.
5. September. Trotz des Verbotes der Regierung wird doch
der Versuch gemacht, den internationalen Congreß zu eröffnen. Die
Regierung verhindert es und nimmt Verhaftungen vor. Die Dele-
girten protestiren.
5. September. Vischof Dupanloup erläßt einen in sehr be-
weglichem Tone gehaltenen Aufruf zu Gunsten des Peterspfennigs,
dessen Ertrag auch in Frankreich sehr abgenommen hat.
9.—13. September. Katholischer Congreß in Chartres. Der-
selbe beschäftigt sich hauptsächlich mit der sozialen Frage, die nach
seiner Ansicht nur durch die Kirche gelöst werden kann, namentlich
durch die Pflege der katholischen Gesellenvereine. Die französischen
Arbeiter und zwar gerade der bessere Theil derselben zeigen indeß wenig
Neigung, sich durch Vevormundung seitens der Kirche helfen zu lassen.
11. September. Die Conservativen sind über ein Manifest für
die bevorstehenden Senatoremwahlen noch immer nicht einig geworden.
Ein bloßer „Aufruf“ derselben vermeidet aus guten Gründen jede
Darlegung von Principien und begnügt sich, zu Beiträgen für die
Wahlkosten aufzufordern und im Allgemeinen die Nothwendigkeit zu
betonen, im Interesse der bestehenden sozialen Ordunng die gegen-
wärtige Majorität des Senates zu erhallen.
18. September. Gambetta macht eine politische Rundreife
und hält dabei in Romans eine Programm-Rede, die von mehr als
nur momentaner Bedentung ist und sich durch Gedrungenheit und
Sachlichkeit auszeichnet.
Nachdem Gambetta im Eingange die Gründung der Nepnblik gefeierl,
fährt er fort: „Wie sollen wir nunmehr unseren Sieg verwerthen! Wir
haben eine Verfassung, deren Unvollkommenheiten ich nicht verkenne, die
uns aber schon gegen die Wiederkehr von Gewaltthätigkeiten geschützt hat.
Man hat noch kürzlich in leicht zu erralhender Absicht benurnhigende Ge-
rüchte verbreitel; man hat gesagt, der oberste Beamte der Republik werde,
wenn die Senatorenwahlen republikanisch ausfielen, sein Mandat niederlegen.
Diejenigen, welche diese Gerüchte verbreiteten, hatten sich verrechnet. Mit
den wachsamen Vertretern, welche das Land sich gegeben hat, braucht man
eine Bakanz oder einen Wechsel der obersten Gewalt nicht zu fürchlen.
Zwischen dem Rücktritt und der Neubesetzung würde nicht ein Tag vergehen,
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