Frankreich. (Sepl. 18.) 3873
daß sie diese Pflichten erfüllen. Dobei spreche ich nicht sowohl von der welt-
lichen Geistlichkeit, die eher selbst bedrückt ist, als daß sie bedrückt, sondern
vielmehr von jenen Tausenden von Priestern aller Farben, die gar kein Vater-
land haben oder deren Vaterland höchstens auf dem letzten Hügel von Rom
liegt; ja, selbst in Rom wird dieser Flecken von der gesetzlichen Autorität
als unversöhnlich bekämpft, denn die moderne Gesellschaft darf sich wohl bis
in die Behaufung des Pontifer gegen die von ihm entsandten Baunstrahlen
vertheidigen. Man wende die Gesetze, alle Gesetze an und schaffe jeden un-
verdienten Vorzug ab; dann wird man an die Tradition angeknüpft haben,
welche von der ersten Morgenröthe der ersten Nevolution von 1789 bis zu
dem letzten Abemdlichte der Revolution von 18.|88 herrschte und erst an jenem
unseligen Decembertage unterbrochen wurde, an dem sich die Mörder des
Volkes und die Männer, welche ihre Thaten segneten, die Hände reichten.
Man schaffe die Privilegien ab; wie Viele genießen Ansehen,' nur weil ihr
Vorrecht die Leichtgläubigkeit der Menge täuscht! Das gemeine Necht für
Alle; auch die allgemeine Wehrpflicht muß eine Wahrheit werden.
Dazn bedarf es einer Revision des Gesehes über den Freiwilligendieust;
seinen Beruf soll der Staatsbürger erst wählen, wenn er den ersten aller
Verufe, die Pflicht, dem Vaterlande zu dienen, erfüllt hat (Beifall). Die
wahre Leidenschaft Euerer Gesetzgeber und Staatsbeamten soll aber der
öffentliche Unterricht sein; ihre Aufgabe ist es, das französische Volk zu
dem gebildetften, glehrbsten und runstverständigsten aller Bölker zu machen.
Auch hier wieder gilt es, die Anschläge des Klerikalismus zurückzuweisen,
unseren Kindern den Verstand zu öffnen, ihnen nur vernünstige und gesunde
Begriffe beimubringen und sie vor allen Dingen mit den Vorschriften unseres
öffentlichen Rechts, mit ihren Bürgerpflichten vertraut zu machen, auf daß
sie nicht Gelehrte, sondern verständige Leute und Patrioten werden. Beide
Geschlechter müssen an diesen Fortschritten Theil nehmen. Die Frauen
dürfen unseren Grundjähen und Ideen nicht fremd bleiben: die Geister müssen
einig sein, damit die Herzen sich verstehen. Die Gewerbe= und Lehrlings-
schulen müssen sich vervielfältigen, dem Kopfe Bildung und der Hand Ge-
schicklichkeit verleihen. Der mittlere Unterricht muß unter der Leitung des
Staates stehen. Es kann nicht geduldet werden, daß unsere Geschichte in
unseren Schulen verunglimpft wird; die Kinder Frankreichs müssen auch
eine französi sche Erziehung erhalten. Welche Presche die Feinde des Staats
noch neuerdings in den höheren Unterricht gelegt haben, ist euch bekannk.
Die Universität, die Gesammtheit der staatlichen Unterrichtsanstalten, ist beie
allen ihren mwollkommenheilen noch die Zufluchtsstälte des modernen Geistes.
Man muhß ihr nolhwendigerweise zurückerstatten, was ihr binterrücks entrissen
worden ist, die Verleihung der akademischen Grade. Die materiellen
Interessen werden wir nicht vernachlässigen. Ich für meinen Theil hege
die Ueberzeugung, daß es vor allen Dingen gilt, die Solidität des frangösi-
schen Staatscredits zu bewähren, vermöge deren wi vir schon eine erste Revanche
nehmen konnten. Was ist. der Reichkhum? Das Erzengniß der Arbeit.
Was ist die Republik? Die Negierung der Arbeitenden. (Langer Beifall.)
Der Credit Frankreichs hat es möglich gemacht, die großen Bauten, Kanäle
und Eisenbahnen zu unternehmen, welche dazn dienen werden, die Völker
durch Freiheit ihres Waarenaustansches einander zu nähern; er hat es mög-
lich gemacht, alle nusere Regierungszweige, den Unlerricht, das Postwesen,
reich auszuslallen. Darum bin ich im Juteresse der Befestigung dieses Cre-
dils gegen die Conversion der Rentke: wir sind Schonung und Achtung
ihrer Interessen den Leuten schuldig, die uns in den schmerzensreichen Zeiten,
welche Frankreich durchzumachen hatte, verlrauensvoll ihre Ersparnisse dar-
gebrachl haben. Sind erst einmal jene ersten Resormen, die ich nur lurz