Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunzehnter Jahrgang. 1878. (19)

Die pãpslliche Curit. (Febr. 21.) 403 
Letwcine. auch ihre bürgerlichen Pflichten nicht außer Acht zu lassen, und 
r that er dieß selbst danu, wenn die verbissensten Orgäne der klerikalen 
ene kusbecichy zur Enthaltung von allen Provinzial= und Gemeinde- 
wahlen aufgefordert hatten. Zu der italienischen Regierung ist Pecci zwar 
niemals in irgend welche Beziehungen getreten, doch wurde er allenthalben 
geachtet und von denjenigen italienischen Beamten, die auf irgend eine Weise 
mit ihm in Berührung kamen, allemal ob seiner besonderen Milde gerühmt. 
Perci war ein entschiedener Gegner der Entfernung des Conclaves ans Rom. 
Seiner Persönlichkeit nach ist Leo XllI. 68 Jahre alt, mäßig gesund. Sein 
Privatleben gilt als tadellos. Der neue Papst stammt aus einer bänerlich- 
patrigischen Familie zu Carpineto bei Anagni, wo er am 2. März 1810 
geboren wurde. Pecci vollendete seine Studien im Collegie roman? und 
wurde bald nachher Hausprälat bei dem damaligen Papst Gregor XVI. Im 
Alter von 27 Jahren ward er als päpstlicher Delegat oder Unter- Siatthalter 
(sein Vorgesetzter war der Legat oder Statthalter) nach Benevent an der n 
politanischen Grenze gesandt, wo damals das Räuberwesen in vollster Nlühe 
stand. Seiner Thatkraft gelang es, die Ruhe wieder herzustellen, und zum 
Dank dafür erhielt er den Posten eines Stakthalters von Spoleto und Portiei. 
Im Jahre 1843 ging er als Nuntius nach Brüssel, wo er sehr gut gefiel, 
aber seiner schwankenden Gesundheit wegen, der das nordische Klima schlecht 
zusagle, nicht lange verbleiben konnte. König Leopold 1. gab indessen so 
gute Zeugnisse, daß der Papst sich veranlaßt sah, ihn zunächst zum Erz- 
bischof von Perugia und schon bald nachher zum Cardinal in petto zu er- 
neunen. Hiermit aber schlient. jürs Nächste seine schnelle Laufbahn; denn 
Papst Gregor war im Jahre gestorben, und sein Nachfolger Pius IX. 
folgte dem einflußreichen gans 18, rehtorten, der alles Mögliche khat, um 
Pecci auf seinem verlorenen Posten in Perugia festzuhalten. Papst Pins 
bestäligte erst im Jahre 18553 Pecci's Erneunung zum Gardinal, und für 
diesen eröffneten sich größere Aussichten erst dann wieder, als Pius IX. ihn 
nach dem Tode Antonelli's im Jahre 1876 nach Rom berief und ihn im No- 
vember des verflossenen Jahres zum Camerlengo ernannte. 
Der Papst zeigt dem deutschen Kaiser noch am gleichen Tage 
seine Thronbesteigung durch folgendes Schreiben an: 
„Papst Leo Xlll. entbietet dem allerdurchlauchtigsten und mächligsten 
Kaiser und Könio seinen Gruß. Durch die unerforschlichen Wege des Herrn 
und ohne irgend ein Berdienst von unserer Seite sind wir auf den Stuhl 
des Apostelfürsten erhoben worden, und wir legen uns die angenehme Pflicht 
auf, Ew. kaiserl. und kgl. Majestät, unter deren mächtigem und ruhmreichem 
Scepter eine so große Anzahl von Anhängern unserer beiligsten Neligion lebt, 
von dieser Thatsache unverzüglich in Kenntniß zu sepen. Da wir zu unserm 
Bedauern die Beziehungen, welche in früherer •7 so glücklich zwischen dem 
hl. Stuhl und Ew. Majestät bestanden, nicht mehr vorfinden, so wenden wir 
uns an Ihre Hochherzigkeit, um zu #langen. daß der Friede und die Nuhe 
des Gewissens diesem beträchtlichen Theil Ihrer Unterthanen wiedergegeben 
werde. Und die katholischen Unterthanen Ew. Majestät werden nicht ver- 
fehlen, wie es ihnen auch der Glaube vorschreibt, zu dem sie sich bekennen, 
sich mit der gewissenhaftesten Ergebenheit achtungsvoll und treu gegen 
Ew. Majestät zu zeigen. In vollster Ueberzeugung von der Gerechtigkeit 
Ew. Majestät rufen wir Gott den Herrn an, daß er Ihnen die Fülle seiner 
bimmlischen Gaben verleihe, und flehen ihn an: er wolle Ew. Majestät mit 
uns durch die Bande der vollkommensten christlichen Liebe vereinigen.“ 
21. Febrnar. Es wird in einer in Gegenwart des Papstes 
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