444 Rußland. (April 21 — Mai 30.)
Vemerkungen hinreißen, die ihre Verhaftung zur Folge hatten. Zuleßt, als
die Aufregung immer erustere Dimensionen aunahm, wurde kurzger Proceß
gemacht. 110 Sindenten wurden ausgeschlossen, 41 davon nach Sibirien
verbannt —. „auf administrativem Wege“, wie man es hier nennt — das
heißt, die Betreffenden wurden ohne lnteriuchung und Proceß verhaflet und
von den Gendarmen sogleich fortgeschafft.
21. April. General Trepoff, der von seiner Wunde in Folge
des Attentates der Wjera Sassulitsch vom 5. Febr. wieder hergestellt
ist, wird von der kaiserlichen Familie sehr geehrt, aber vom Kaiser
doch entlassen.
Sämmtliche Großfürsten haben ihn persönlich besucht, die Kaiserin
ist bei demselben „orgefahren. Nur der Thronfolger enthielt sich dieser
Gunstbezeigung. Der Kaiser theilt dem General Trepoff persönlich mit,
daß er dessen erbetene Enllassung annehme. Trepoff ist zum Mitgliede des
Asss ernannt worden und erfreut sich noch immer der vollen Gnade
es Kaisers
28. April. Der bisherige Obercommandant der russischen
Feldarmee in der Türkei, Großfürst Nikolaus, wird, wie man glaubt,
wegen der ungeheuren Unterschleise, die in der Armeeverwaltung zu
Tage gekommen sind, vom Kaiser abberufen und durch General
Totleben, den Sieger von Sebastopol und Plewna, ersetzt.
7. Mai. Gegenüber dem unzweifelhaften Ernste und der ent-
schieden drohenden Haltung Englands beginnt Rußland begüglich des
Vertrags von S. Stefano und der Congreßfrage eingulenken. Der
russische Botschafter in London, Graf Schuwaloff, geht mit Ermäch-
tigung des Kaisers behufs einer Vermittlung nach St. Petersburg
(s. England).
10. Mai. Der Kaiser ernennt statt des entlassenen General
Trepoff den General Fürst Galizyn zum Poligeipräsidenten von
St. Petersburg. Man rühmt ihm in der russischen Hauptstadt
große Energie und Integrität des Charakters nach.
22. Mai. Graf Schuwaloff trifft von St. Petersburg wieder
in London ein. Die von ihm unternommene Vermitllung zwischen
England und Nußland ist gelungen. Es ist eine Formel für die
Einberufung des Congresses gefunden worden und dieser ist nunmehr
gesichert. Darauf gestützt, unterhandelt Schuwaloff nunmehr mit
der englischen Regierung über die von England geforderten Abände-
rungen des Vertrags von S. Stefano (s. England).
30. Mai. Rußland schließt durch Graf Schuwaloff in London
mit England eine förmliche Convention ab über die von England
geforderten Modificationen des Vertrags von S. Stefano, welche
Rußland zugesteht (s. den Wortlaut unter England).