450 Ruhland. (Oct. 25 — Dee. 2.)
25. October. Der russische Gewalthaber in Bulgarien, Fürst
Dondukoff-Korsakoff, macht den Bewohnern von Ost-Rumelien un-
zweidentig Hoffnung, daß sie schließlich doch noch trotz des Berliner
Vertrags mit Bulgarien vereinigt werden würden. Die Pforte be-
schwert sich darüber nachdrücklich bei den Mächten. Der Kaiser
beruft den Grafen Schuwaloss aufs neue zu sich nach Livadia.
— October. In Litthauen und Volhynien sind im Laufe
vorigen Monats drei förmliche Bauernrevolten vorgekommen, bei
denen es sich um die gewaltsame Besitznahme und Theilung von
adeligem Grund und Boden handelte und welche beweisen, wie weit
die communistischen Ideen dort unter dem Bauernstande bereits ver-
breitet sind.
9. November. Ein Telegramm des Ministers Giers aus Li-
vadia geigt den Mächten im Auftrage des Kaisers an, daß „die
stricte Ausführung des Berliner Vertrags die Grundlage der gegen-
wärligen Politik Rußlands bilde.“ Zugleich kündigt eine Depesche
aus Livadia an, daß der Czar allen seinen Beamten die promptesle
Ausführung der Bestimmungen des Berliner Vertrags gur Pflicht
gemacht habe.
21. November. Die englische Regierung beschließt den Krieg
gegen Schir Ali von Afghanistan, nicht am wenigsten wegen dessen
Anlehnung an Nußland.
26. November. Der Reichsrath beräth über die Einführung
neuer Steuern, wodurch allein eine größere Anleihe im Auslande
möglich gemacht werden könnte.
29. November. Nußland schließt mit Rumänien endlich eine
Convention beg. Uebergabe der Dobrudscha ab, nachdem es bisher
an dieselbe allerlei für Rumänien absolnt unannehmbare Beding-
ungen zu knüpfen versucht hat.
2. December. Der Kaiser hält, von Livadia zurückkehrend,
in Moskan beim Empfang im Kremel eine Ansprache, in der er
u. A. bemerkt:
„Ich danke Cuch für die Gefühle der Ergebenheit, welche Ihr mir
auläßlich der traurigen Ereignisse in Petersburg und an anderen Punkten
Rußlands ausgedrückt habt. Ich glaube an die Aufrichtigkeit dieser Ge-
fühle, und hoffe, daß, wenn ich nicht mehr da sein werde, Ihr dieselben auf
meinen Sohn und dessen Sohn und deisen Nachfolger übertragen werdet.
Ich verlasse mich auf Eure Mitwirkung, um die Ingend auf dem gefähr-
lichen Wege aufzuhalten, auf welchen unzuverlässige Menschen dieselbe zu
verleiten suchen. Gott möge uns darin helfen und uns dru Trost geben,