Die ollomannische Pforlt. (Jan. 15-23.) 455
von Flüchtlingen wälgt sich von Sofia, Philippopel und Adrianopel
Constantinopel zu. 6
15. Jannar. (Russ.-türk. Krieg I.) Die Russen schlagen
herwärts Philippopel die Hälfte der türkischen Armee unter Sulei-
man Jascha; diesem selbst ist der Rückzug nach Adrianopel ab-
geschnitten. Die Russen unter General Gurko ziehen in Philip-
popel ein.
17. Jannar. Die türkischen Unterhändler treffen in Kesanlik,
dem Hauptquartier des Großfürsten Nikolaus ein: dieser erklärt, nur
in Adrianopel unterhandeln zu wollen. Die Pforte befiehlt daher,
dieses zu räumen.
Die Serben, durch die Capitulakion von Nisch wieder völlig frei ge-
worden, zusammen ca. 35,000 Mann stark, haben sich sofort in der Richtung
auf Sosia in Bewegung geseht, die Russen von der Besetzung desselben ent-
lastet und rücken nun mit ca. 25,000 Mann im Morawathale und zu beiden
Seiten desselben vor. Die rusüsche Armee Gurko's ist ca. 60,000 Mann
stark, die aus dem Shipkapaß entwickelte Hauptarmee zählt ca. 75, ddo Maun,
zujammen sind es also ca. 125,900 Mann, mit denen die Nrussen gegen
Adrianopel vorrücken. Diese Macht wäre unter allen Umständen stark geung,
die Türken bis Adrianopel zurückzudrängen, aber weiter nicht, wenn die
Türken im Stande gewesen wären, Adrianopel zu halten, indem dann
wohl zwei Drittheile der russischen Armee für die Einschließung Adrianopels
hätten verwendet werden müssen. Doch treffen frische Truppennachschübe
forlwährend aus Rußland ein. Die Pforte hat dagegen keine frischen Truppen
mehr, ihre besten sind in russischer Gefangenschaft, und alles, was sie noch
au Truppen zum Schutze Constantinopels zusammenraffen mag, wird auf
höchstens 110,000 Mann geschätt.
19. Jannar. (Russ.-türk. Krieg I.) Die Türken räumen
Adrianopel definitiv und ziehen sich nach Tschataldja, dem Central-
puncte der letzten Vertheidigungslinie vor Constantinopel zurück.
Eine Irade des Sultans ruft alle Osmanen unter Waffen. Die
Maßregel bleibt jedoch ohne irgend einen wefentlichen Erfolg.
21. Jannar. (Rufss.-türk. Krieg I.) Die Nussen rücken in
Adrianopel ein.
Suleiman Pascha schifft in Kawala den Rest seiner Armee
nach Constankinopel ein. Ein Theil derselben treunt sich jedoch von
ihm und wirft sich ins Rhodopegebirge.
23. Jannar. Die Pforte, von England bisher fortwährend
zum Widerstand ermuntert, aber darin nicht unterstützt und jetzt,
wie sie meint, definitiv im Stiche gelassen, ist geueigt, sich Rußland
geradezu in die Arme zu werfen. Die Stimmung in Constantinopel
ist inzwischen eine höchst aufgeregte, doch bleibt es zweifelhaft, ob
ein allfälliger Ausbruch dieser Stimmung sich gegen die Christen