Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunzehnter Jahrgang. 1878. (19)

44 Vas denlsche Reich und seine rinselnen Gliedtr. (Jan. 23.) 
nachgeben im Interesse des katholischen Klerus, des katholischen Volkes und 
der latholischen Kirche. Der wahre Freund der katholischen Kirche rathe 
mm Frieden und zur Versöhnung, nicht aber zur Fortsetzung des Kampfes. 
Diese Worte des Abgeordneten Hausjalob machen einen gewaltigen, aller- 
dings sehr verschiedenen Eindruck. Der Sprecher der Ultramontanen (Lender) 
fährt wahrhaft wüthend auf und behauptet, Hansjakob sei keine Aulorität 
u. j„w., wogegen Kiefer (liberal) droht, daß, wenn dem Abgeorducten Hans- 
jakob nur ein Haar gekrümmt werde in Folge seines Auftretens, so werde 
er, Riefer, den Antrag einbringen, daß man die Priester der latholischen 
K irche für unfähig erkläre, in der badischen Volksvertretung zu sihen. Der 
Antrag wird selbstverständlich abgelehnt. 
23. Jannar. (Deutsches Reich.) Bundesrath: Die Reichs- 
gierung legt demselben den Reichshaushaltsetat für 1878°79 vor. 
Nach demselben würden die Matricularbeiträge von 87½ Millionen 
nicht auf 112 Mill., wie in den Motiven zu der preußischen Tabaksteuer- 
Vorlage vorausgesett war, sondern auf 10) Mill.-4, also gegen 1877.78 
um 28 und gegen 1876 um 391= Mill. sleigen, wenn eine Vermehrung der 
Reichseinnahmen nicht eintrilt. Daneben aber würde noch zur Deckung ein 
maliger aus#erordentlicher Ausgaben eine Anleihe von mehr als 70 Mill. 
erforderlich sein. Aus dieser sollen zunächst die außerordentlichen Aus * 
der Marine behufs Ausführung des Flottengründungeplaus in Höhe von 
33 Mill. M bestritten werden, inel. der zu erslattenden Restbeträge von 
15 Mill. . M, welche im Etat für 1876 zur Verwendung gebracht sind; serner 
sollen verwendet werden: 8 71 Mill.. für Cafernirung des Neichsheeres auf 
Grund des in der vorigen Session vorgeleglen Plaues; sodann 9½ Mill. 4 
für außerordentliche Ausgaben der Post= und Lelegraphen= Verwaltung — 
namentlich die weitere Nate zur Erweilerung der unterirdischen Telegraphen-= 
leitungen — und endlich 22 Mill.“ behuse Turchführung der Münzreform. 
Letere Ausgabe ist veranlaßt durch die in Aussicht genommene Abstoßung 
der überflüssigen Münzworrälhe. Im Jahre 1877.78 sind 2/. Mill. Pfund 
sein Silber verkauft worden; im Jahre 187§/.79 sollen weitere 2 Mill. Pfund 
abgesloßen werden, welche durch Einschmel ung der Thalerstücke gewonnen 
werden sollen. Der Ankaufspreis des Silbers beträgt 91, der Verkaufs- 
preis nach dem Curse von 1877 nur 80; der bei dem Vertauf von 2 Mill. 
Pfund fein zu erwartende Verlust belänft sich also auf 22 Mill. .M Die 
Kosten der „Einschmelzung u. j. w. hinzugerechnet, entsteht eine Ausgabe von 
25 Mill. 
23. Jannar. (Preußen.) Abg.-Haus: Debatte über die 
ultramontanen Beschwerden belr. die Ertheilung des Religionsunter- 
richts in den Volksschulen. Das Haus geht schließlich über diese 
Beschwerden mit 267 gegen 10.1 Stimmen zur einfachen Tagesord- 
nung über. 
Die Debatte gehört principiell L den nicht am wenigsten bedentungs- 
vollen und interessanten der Session. Der Vertreter der Negierung, Geh.= 
Ralh Stander, kennzeichuct. die Schwierigleit und Wichtigkeit der Frage zu- 
gleich, indem er sagt: „Die Frage hat einmal einen koufessionell-religiösen 
Inhalt und dem gegenüber steht die slaatliche Ertheilung des Religions- 
unterrichts; wir haben eine verfassungsmäßig garanlirte Gewissensfreiheit 
und dem Egencrt gesetzlichen Schulzwang; wir haben die verfassungsmäßig 
garantirte Leitung des Religionsunterrichts durch die Religionsgesellschaft
	        
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