Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunzehnter Jahrgang. 1878. (19)

482 Die ollomannische Pforte. (Oct. 8 — Mitte.) 
radezu reißend und die Mittel, welche die Pforte dagegen ins Werk 
zu setzen sucht, verrathen eine wahrhaft jämmerliche Unwissenheit 
in den einfachsten Elementen der Finanzwissenschaft. 
8. October. Die Pforte richtet eine sehr ungeschickte Note an 
Oesterreich wegen seines Vorgehens in Bosnien; England lehnt es 
rund ab, dieselbe bei Oesterreich zu unterstützen (vgl. u. Oeslerreich.) 
9. October. Der russische Votschafter verlangt von der Pforte 
Schutz für die Christen in den von den russischen Truppen geräumten 
Theilen Rumeliens. Die Russen slellen ihren Rückmarsch ein und 
Nußland macht davon den Mächten Anzeige. 
11. October. Fürst Lobanoff erklärt der Pforte, die Nussen 
würden in Adrianopel bleiben, bis der definitive Friedensvertrag 
zwischen Nußland und der Pforte geschlossen und untergeichnet sei. 
11. u. 12. October. (Rumänien.) Beide Kammern ge- 
nehmigen die ihnen vom Berliner Vertrage auferlegte Wiederabtre- 
tung Bessarabiens an Nußland — der Senat mit 48 gegen 8, die 
II. Kammer mit 82 gegen 26 Stimmen — und votiren 1 Mill. Fr. 
für Uebernahme der Dobrudscha statt Bessarabiens. 
15. October. Nach sechswöchentlichen Verhandlungen zwischen 
Achmed Mukhtar Pascha und den christlichen Deputirten Kretas ist 
endlich eine Vereinbarung ergielt worden, welche zwar nicht den 
Frirden für ewige Zeiten sichert, aber doch ein gutes Einvernehmen 
zwischen den Anhängern der beiden Religions-Bekenntnisse, zwischen 
der Pforte und ihren kretensischen Unterthanen, möglich macht. Die 
Vereinbarung, die Achmed Mukhtar Pascha glücklich zu Stande 
brachte, ist darum interessant, weil ihre Bestimmungen im Wesent- 
lichen dem Inhalt des Reformprogramms entsprechen, welches Eng- 
land in Kleinasien durchgeführt wissen will. 
15. October. (NRumänien) erklärt sich Rußland gegenüber 
zur Abtretung Bessarabiens und zur Uebernahme der Dobrudscha 
bereit. Rußland erhebt bez. der letzteren Schwierigkeiten und regt 
bei der rumänischen Regierung die Einräumung einer bleibenden be- 
festigten Heerstraße durch die Dobrudscha behufs einer directen Ver- 
bindung Rußlands mit Bulgarien an. Rumänien lehnt die Zu- 
muthung entschieden ab. Der Berliner Vertrag enthält nichts von 
einer solchen Servitut Rumäniens und die Mächte wären jedenfalls 
nicht geneigt, Nußland eine so schwer wiegende Concession zu machen. 
Mitte October. In Macedonien und NRumelien bricht ein 
bulgarischer Aufstand gegen die Wiederkehr der türkischen Herr- 
schaft aus.
	        
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