Kebersicht der politischen-Enlwichelung des Jahreo 1878. 511
Friedeusbedingungen und brachle am 3. März daselbst auch wirklich
einen Vertrag zu Stande, der vollkommen geeignet war, auch die
schlimmsten Vesorgnisse Englands und aller derjenigen, die ganz und
gar nicht geneigt waren, die europäische Türkei der ausschließlichen
Herrschaft Rußlands zu überantworten, zu rechtfertigen. Dieser
Vertrag von St. Stefano, zu dem die Pforte die Hand bot und in
ihrer Noth die Hand bieten mußte, führte die Andentungen der
Präliminarien vom 31. Jannar weiler aus und war von Rußland
und der Türkei ohne alle Rücksicht auf die anderen Mächle und so
zu sagen hinter ihrem Rücken, indem sie über den Fortgang der
Unterhandlungen mil Absicht sorgfällig im Dunkelu gelassen wurden,
abgeschlossen worden. Die wichtigsten Bestimmungen betrafen die
nähere Abgrenzung des neuen Fürstenthums Vulgarien und die Ab-
tretungen der Pforte in Asien. Jenes sollte von der Donau bis
an das ägäische Meer hinunter auf der einen und von Sofia bis
aus Schwarge Meer auf der andern Seite reichen. Dadurch wurde
die europäische Türkei mitten entzwei geschnitten und die östlichen
und westlichen Provinzen derselben von dem neuen unter russischem
Einflusse stehenden Staatsgebilde völlig von einander getrennt. Die
Türkei wäre forkan in Europa kaum mehr lebensfähig gewesen, zu-
mal sich Nußland und zwar sich allein auch die Mitwirkung bei
der Einführung von Reformen in den der Pforte noch verbleibenden
Provinzen ausdrücklich vorbehallen und gesichert halie. Und das
war auch die Absicht und der Plan NRußlands: die öffentliche
Meinung des übrigen Europa war darüber keinen Angenblick in
Zweifel. Außerdem trat die Pforte in Europa die Dobrudscha und
in Asien resp. Armenien ein ziemlich großes Gebiet mit den Städten
Batum, Ardahan, Kars und Bajasid ab und verpflichtete sich, der
russischen Regierung eine Kriegsentschädigung von 300 Mill. Rubel
zu zahlen und dafür Bürgschaft zu leisten, eine Summe, von der
es zum Voraus fest stand, daß die ohnehin bankerotte Türkei sie
niemals würde zahlen können und die daher Rußland die Aussicht
bot, sich fortwährend in die inneren Verhällnisse desselben einzu-
mischen, so oft sich ihr dazu Veranlassung bieten möchte. Diese
Bestimmungen sämmtlich wurden ohne alle Rücksicht auf die Inter-
essen der übrigen Großmächte und Europas getroffen. Bezüglich
des Bosporus und der Dardanellen sollte dagegen alles wefentlich
im Alten bleiben. Blieb es bei diesen Abmachungen des Vertrags
von St. Stefano, so hatte Rußland immerhin Alles erreicht, was