Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunzehnter Jahrgang. 1878. (19)

518 Uebersicht der polilischen Enlwichelung der Jahres 1878. 
bezweifeln isl. Vosnien und die Herzegowina hätte dagegen Oesler- 
reich längsi haben können, wenn es sich Rußland im Kriege gegen 
die Türkei angeschlossen hätte, wozu es auch von Rußland eingeladen 
worden war. Oestlerreich hatte dieß indeß seinerseits und aus guten 
Gründen abgelehnt; aber Bosnien hoffte es doch zu erhalten und 
zwar mit Hülfe der Mächte und vielleicht mit der eigenen Zustim- 
mung der Pforie. Das letztere war nun freilich nicht der Fall; 
dagegen verständigte sich Oesterreich darüber mit England. In 
Berlin also regte Oesterreich die Frage an, was mit Bosnien und 
der Hergegowina angzufangen sei, da es an der Ruhe dieser beiden 
Nachbarprovinzen selbstverständlich in hohem Grade interessirt, die 
Pforte aber erfahrungsgemäß außer Stande sei, die Nuhe und 
Ordunng in denselben selbst aufrecht zu halten. Offenbar verabre- 
deter Maßen ging England auf die Auregung Oesterreichs sofort 
ein und einmüthig übertrug der Congreß die Occupation und Ver- 
waltung der beiden Provingen Oesterreich. Nur die Pforte selbst 
prolestirle gegen diese QOuasi-Vertheilung ihrer selbst, obgleich ihr die 
Sonveränetät nominell belassen wurde, freilich eben nur nominell; 
denn daß Oesterreich diese Provinzen der Türkei niemals wieder 
zurückgeben würde, lag auf platter Hand. Schließlich mußte sich 
die Pforte doch der Anordnung des Congresses fügen und fügte sich 
derselben dadurch, daß sie den Verliner Frieden auch ihrerseits rati- 
Griechen-figirte. — Griechenlands nahm sich in Berlin eigentlich nur Frank- 
land. reich, aber dieses allerdings nachdrücklich und mit großem Eifer an, 
da England dasselbe, sobald es seiner nicht mehr bedurfte, wieder 
fallen ließ, weil es in den unternehmenden und thätigen Griechen 
im Orient viel mehr Handelsrivalen als Vundesgenossen sieht. 
Auf Frankreichs Vetrieb wurde dagegen Griechenland eine nicht 
unbedeulende Gebietserweiterung in Thessalien und Epirus mit der 
Stadt Janina nicht zugesprochen, aber doch in Aussicht gestellt. 
Denn die näheren Bestimmungen dieser sog. Grenzberichtigung wur- 
den weiteren Unterhandlungen zwischen der Pforle und Griechenland 
vorbehalten und die Mächte sicherten dabei Griechenland nur ihre 
guien Dienste zu. Die Pforte hatte bei dieser Form des Congreß- 
beschlusses keine Veranlassung, gegen denselben förmlich zu protestiren, 
aber für sich war sie von vorneherein entschlossen, Griechenland nichts 
oder doch nur so wenig als möglich zu bewilligen, sofern sie nicht 
durch die Mächte dazu gezwungen werden sollte. 
Ar- 
nmenten So erhielt Rußland im Verliner Frieden für seine gewaltigen
	        
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