AUebersicht der politischen Enkwickelung des Jahrro 1878. 531
Urlaub erhalten, indem seine Entlassung für einen geeignetern Augen-
blick vorbehalten wurde. Nun aber gaben nach einander auch der
Vicepräsident des Staatsministeriums und Finanzminister Camp-
hausen und der Handelsminister Achenbach ihre Entlassung ein.
Der erstere hatte es schon seit längerer Zeit mit dem Reichskangler
verdorben, da er sich geweigert hatte, die Einführung des Tabak-
monopols offen als sein Ziel zu erklären, entschieden in die
Hand zu nehmen und den Widerstand, der sich von Seite der
zunächst Betheiligten, von Seite der öffentlichen Meinung und von
Seite der Mehrheit des Reichstages dagegen erhoben, nöthigenfalls
einfach zu brechen; in der Steuerdebatte des Reichstags vom 21. bis
23. Februar verdarb er es aber auch mit diesem und der öffent-
lichen Meinung, indem er sich schließlich doch zu Gunsten des Mo-
nopols bekannte, nur daß er dasselbe nicht auf Einen Schlag, son-
dern blos nach und nach einführen wollte; seine Stellung war da-
durch unhaltbar geworden und er suchte daher schon am 27. Febr.
seine Entlassung nach, die ihm auch nicht verweigert wurde. Bald
nachher aber sprach sich der Reichskanzler gelegentlich über das
preußische Eisenbahnwesen, das zum Ressort des Handelsministers
gehört, so abfällig aus, daß auch Achenbach seine Entlassung gab
und erhielt. So waren gleichzeitig das Vicepräsidium des Mini-
steriums und die Ministerien des Innern, der Finangen und des Han-
dels nen zu besetzen. Die neuen Ernennungen gogen sich einiger-
maßen in die Länge, erfolgten aber schließlich nach dem Bedürfnisse
des Reichskanzlers: das Vicepräsidium des Staatsministeriums und
die allgemeine Stellvertretung des Reichskanzlers erhielt der bis-
herige Botschafter in Wien, Graf Stolberg, das Innere aber wurde
dem bisherigen Oberpräsidenten von Hannover, Graf Eulenburg dem
Jüngeren, einem entschiedenen Conservativen, die Finangen dem bis-
herigen Oberbürgermeister von Berlin, Hrn. Hobrecht, einem homo
norus, von dem sich der NReichskanzler wohl eine unbedingte Unter-
stützung seiner finanziellen und wirthschaftlichen Pläue versprach,
das Handelsministerium endlich Hrun. Maybach, der in die Eisen-
bahnpläne des Reichskanzlers eingeweiht war und ganz der Mann
dazu schien, sie in Preußen und schließlich auch im Reiche zur Gel-
tung zu bringen, übertragen. Irgend welche Rücksicht auf die Be-
strebungen oder die Wünsche der liberalen Majorität des preußi-
schen Landtags oder des Reichstags war in diesen Ernennungen
allerdings nicht zu erkennen, aber ebenso wenig hatten diese Ursache,
Lösung
r
de
Krisis.