532 Uebersichl der polilischen Enlwichelung des Jahres 1878.
den neuen Ministern, mit eingiger Ausnahme allenfalls desjenigen
des Innern, mit besonderem Mißtrauen entgegen zu kommen. Der
Reichskanzler aber hatte damit ersichtlich in Preußen freiere Hand
als bisher gewonnen; wenigstens hatte er nun von dieser Seite nicht
mehr jenes Widerstreben zu gewärtigen, über das er wiederholt sich
so sehr beklagt hatte und das ihm für die weitere Verfolgung seiner
Tie Pläne allerdings im höchsten Grade hinderlich gewesen war. Diese
ie ließ er trotz der ungünstigen Aussichten keineswegs fallen; im Gegen-
neichs, theil er verfolgte sie mit nur um so größerem Eifer und griff, da
langlers ihm das Tabakmonopol für einmal verweigert wurde, nunmehr nur
um so weiter aus und zwar nach einer Seite, von der er sich der
lebhaftesten und nachdrücklichsten und zudem unbedingten Unter-
stützung zum Voraus versichert halten durfte. Schon bisher hatten
Schutz, sich ihm die Schutzzöllner und die sog. Agrarier als stets bereite
n und willige Hülfstruppen angeboten, wenn er auf ihre Ideen und
Vararierihre Interessen eingehen wolle. So lange er jedoch einige Aussicht
zu haben glaubte, das Tabakmonopol zu erlangen, bedurfte er ihrer
nicht, da er sich der Hoffnung hingab, aus dieser Steuerquelle allein
die 2—300 Millionen Mehreinnahmen für das Reich, die er for-
derte, herausschlagen zu können. Als dagegen diese Aussicht schwand,
wenigstens entschieden in größere Ferne rückte, lieh er ihnen ein
offeneres Ohr. Schon früher hatten die Schutzzöllner aus allen
Gegenden Deutschlands unter der Führung der großen Eisenindustri-
ellen und Spinnereibesitzer einen Berein zur Förderung ihrer ge-
meinsamen Interessen gebildet und in diesem den Entwurf eines
neuen antonomen Zolltarifs für Deutschland ausgearbeitet, der ihren
Interessen entsprach und zugleich auch dem Reiche eine gang erkleck-
liche Mehreinnahme in Aussicht slellte. Jetzt thaten sie sich auch
im Reichstage unter der Führung des gewesenen württembergischen
Ministers v. Varnbüler zusammen und gründeten in demselben,
vorerst 60 Mann stark, eine neue Partei unter dem Namen volks-
wirthschaftliche Vereinigung, die ganz geeignet war, weitere Anhänger
aus den verschiedenen Fractionen an sich zu ziehen und als eine Art
von Keil in das bisherige mehr oder weniger feste Gefüge derselben
hineingetrieben zu werden. Unterdessen hatte der Reichstag das
Tas Budget für 1878/79 in einer Weise erledigt, die den Plänen des
dIndgel- Reichskanzlers nicht gerade förderlich war: das von der Regie-
rung aufgestellte große Defizit von 28 Millionen war durch Be-
schränlung der Ausgaben und durch Herbeiziehung von verfügbaren