58 Das denlsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Febr. 21—23.)
fällt, also hauplsächlich für die Justiz, das Eifenbahnamt, sowie
einen Theil des Reichskanzleramts, wie namentlich die Finanzen, in
so fern sie nicht die Reichsfinanzen umfassen. Dagegen soll die
Stellvertretung eintreten können für die Marine, die auswärtigen
Angelegenheiten, Elsaß-Lothringen, Post, Telegraphen und die Fi-
nanzen, so weit das Reich eine eigene Reichsverwaltung hat. Die
Beaufsichtigung bleibt uneingeschränkt nicht nur für den Reichskanzler
selbst, sondern auch für den verantworllichen Vizekanzler. Dieser
Vizekanzler wird allseitig zugestanden. Der Reichskangler erklärt,
daß er sich damit zufrieden gebe und auf seinen ursprünglichen Vor-
schlägen nicht bestehe. Die Vorlage geht also in jener Fassung an
den Reichstag.
21. Febrnar. (Bayern.) I. u. II. Kammer: verständigen
sich über ihre Differenzen bez. des Vudgets, wonach die von der
ultr. Mehrheit der II. Kammer durchweg gestrichenen Dispositions-
fonds der Minister wieder in das Budget eingesetzt werden, indem
4 Ultramontane nunmehr dießfalls zu den Liberalen übergehen.
Schluß der Landtagssession. Die öffentliche Meinung ist darüber
einig, daß die Ohnmacht und innere Zerbröckelung der ultramon-
tanen oder bayerisch-patriolischen Partei während derselben bedeutende
Fortschritte gemacht habe; eingelne Vlätter stellen die Session geradezu
als eine fortlaufende Niederlage der Partei dar.
21 — 23. Febrnar. (Deutsches Reich.) Reichstag: Große
Steuerdebatte gelegentlich der ersten Lesung der Vorlagen bez. Er-
höhung der Tabaksteuer und Einführung von Stempelsteuern. Die
Vorlagen werden an die Budgeikommission gewiesen.
Eine sehr llare Uebersicht über die Tebatten gibt die „Köln.
Btg.“ in Folgendem: Alle Hauptparteien des Reichslags sind bereils in dieser
ersten Lesung der Stenervorlagen zum Worte gekommen, und es hat sich da-
bei eine große Uebereinstimmung aller für Ablehnung wenigstens der Kernes
der Vorlagen, dagegen auch eine nicht minder große Verschiedenheit sowohl
binsichtlich der ins Auge gefaßten Ziele, wie hinsichtlich der Gründe der Ab-
lehnung herausgestellt. Nur in Betreff der Absichten der preussischen Re-
gierung und des weiteren Zieles der eingkbrachten Entwürfe ist, in über-
raschender Weise durch Selbstbekenntniß, schon völlig außer Zweifel gestellt,
daß es nicht allein der Reichskangler ist, der auf das Tabaksmonopol los-
stenert. Vor Allem müssen wir die Stellungen sowohl der Reichsregierung
wie der Hauptparteien des Reichstages, wie solche in den Verhandlungen
hervortraten. uns klar machen. — Als Vertreter der Reichsregierung
für die Borlagen trat zuerst der preußische Finanz-Minister Camphausen auf.
Derselbe erörterte zunächst wiederum die „ed ürfnisifrage“. Er suchte mit
bestimmten Zahlenangaben darzuthun, daß eine „Vermehrung der eigenen
Einnahmen des Reiches“ schon zum Ausgleich des Reichshaushalts 1878—79
dringend wünnschenswerth sei. Redner würde sich allerdings freuen, wenn