Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunzehnter Jahrgang. 1878. (19)

Das deulsche Reih und seint tinelnen Glieder. (Febr. 23. — Ende) 63 
günstigen Eindruck zurück. indem von Seite der Neichsregierung über zu- 
künftige constitutionelle Bürgschaften für die Steuerbewilligung keine An- 
deutung erfolgte. Daraus folgt, daß die perfönlichen Combinationen, welche 
an die Stiellvertretungsvorlage geknüpft wurden, zum mindesten als vertagt 
angesehen werden müssen; man besorgt daher allgemein, daß die Mißstim- 
mung, welche die gauze Steuerdebatte hinterlassen hat, bei der Stellvertretungs- 
frage zum Ausdruck kommen werde. 
23. Februar. (Deutsches Reich.) Eine Conferenz des 
Reichskanzlers mit Bennigsen, der auffallender Weise in der großen 
Steuerdebatte vom 21.—23. sich gar nicht betheiligt hat, wird vor- 
erst als die letzte dieser Art angesehen und die Combination der 
Gründung einer festen Majorität im Reichstage und des Eintrikts 
der einflußreichsten Führer der nationalliberalen Partei in die Neichs- 
regierung wird als gescheitert angesehen. 
„Das Resultat war vorherzusehen und kann nicht überraschen. Das 
Partei- Programm umjaßt drei Hauptpunlte: verfasjungsmäßige Stellver- 
tretung durch Delegation, Ausführung der Verwaltungsrefermen, endlich ein 
Ersatz für die Beschränkung des preußischen Budgelrechles, welche die Ver- 
minderung der Matrikularbeiträge im Neiche herbeiführen müßte, durch Quo- 
tisirung eines Theiles der direkten Steuern in Preußen oder in ähnlicher 
Weise. Dies mußte irgendwie in Aussicht gestellt worden sein, jonst wären 
die Verhandlungen gewiß schon früher abgebrochen worden. MWährend der 
letzten Debalten im Reichslage fehlte indessen Seitens der NRegierung jede 
Hindentung auf ein Entgegenlommen in diesen Tingen. Tie National= 
partei konnte ihre Prinzipien nicht aufgeben und mußte die Angelegenheit 
vorerst als so gut wie erledigt anjehen. Der gegenwärtige Ausgang beweist 
übrigens, daß, wenn selbst eine Verständigung jetzt erzielt worden wäre, 
Spaltungen doch wahrscheinlich nach einiger Zeit eingetreten wären, welche 
die Schwierigkeiten im Reiche nur verschärft hätten. Tie Parteiführer hätten 
sich vergeblich abgenütt und ihre Zukunft umsonst preisgegeben.“ 
25. Februar. (Hessen.) Die Regierung verhandelt schon seit 
vier Monaten mit einer Commission des Landtags über eine Nege- 
lung resp. Erhöhung der Civilliste des Großherzogs, ohne daß es 
bis jetzt möglich gewesen wäre, zu einer Einigung zu gelangen. 
Die Civilliste betrug bisher 1,081,000 4; aber da dieselbe seit langer 
Pit obrr jehr verschuldet ist, so mußte der verstorbene Großherzog jährlich 
zr Schuldentilgung verwenden. Die Negierung verlangt daher 
- —. um 222,230 .& Die öffentliche Meinung des kleinen Landes 
findet jedoch, daß die Civilliste schon bisher für dasselbe mehr als hoch ge- 
mug bemessen gewesen sei. 
27. Februar. (Preußen.) Camphaufen verlangt seine Ent- 
lassung als Finanzminister und als Vizepräsident des preußischen 
Staatsministeriums. 
— Februar. (Elsaß-Lothringen.) Die Zahl der in Folge 
der letzten Gnadenerlasse des Kaisers in ihre Heimath gurückgekehrten 
Optanten ist sehr groß und wird bis auf nicht weniger als 10,000 
angegeben.
	        
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