DHas deulsche Reich und feine einzelnen Glieder. (März 18—19.) 77
straflt. Zur Bestreitung der Kosten wird ein Vetrag von 200,000 .4& in den
Etat aufgenommen. Die Motive zu diesem Gesetzentwurf sehen anseinander:
das Vedürfniß, höhere Einnahmen aus dem Tabak zu erzielen, sei anerkannt;
nur über den Modus der Besteuerung seien die Erwägungen noch in der
Schwebe. Ob Monopol oder Fabrikatsteuer, oder welche audere Stener, da-
rüber lasse sich erst ein Beschinß fassen, wenn genaues statistisches Material
über die Tabakfabrikation und den Handel mit Fabrikaten im ganzen Ge-
biete des Neiches. also auch in den Zollausschlüssen, sowie über den Tabak-
bau, vorliege. Offenbar verlangt der Gesetzentwurf die Ermächtigung zu
Maßregeln, welche die Einführung des Monopols vorbereiten, noch ehe
Vundesrath und Reichstag die Einführung des Monopols beschlossen haben.
18. März. (Preußen.) Abg.-Haus: beräth und genehmigt
einen Gesetzenkwurf beireffend die Fertigstellung der Verliner Stadt-
eisenbahn für Rechnung des Staates.
Der Handelsminister rechtfertigt die Vorlage, indem er erklärt, das
Projekt sei genau nach den gesehlichen Vorschriften geprüft worden; es handle
sich dabei freilich um ein Unikum, um ein bahnbrechendes Werk, da müsse
man den außerordentlichen Verhältnissen Rechnung tragen. In der Kom-
mission werde sich Gelegenheit finden, darauf näher einzugehen. Das Unter-
nehmen werde bedeutungsvoll für die Verhälluisse der Landeshauptstadt. Die
Erweiterung des Staatsbahnnehes erheische überdieß die Erwerbung der
Stadteisenbahn durch den Staat, zumal unter diesen verhältnißmäßig billigen
Bedingungen. Innerhalb der betheiligten Ressorts schwebten die Verhand-
lungen über Ausarbeitung des Neichseisenbahngesetzes, und es sei wahr-
scheinlich, daß in nicht ferner Zeit der bezügliche Antrag Preußens an den
Bundesrath gelangen würde.
19. März. (Deutsches RNeich) Das Demissionsbegehren
Camphaufens ist angenommen. Unterhandlungen mit dem Grafen
Stolberg wegen Uebernahme der Stellvertreltung des Reichskanzlers
als Bicekanzler sind vorerst geseheitert, da dieser sich nur dann dagu
verstehen will, wenn ein Vicekanglerposten in das Budget ausgenom-
men und die Funktionen des Vicekanglers dauernd festgesetzt würden.
Gesehlich und thaksächlich scheint der Neichskangler für die von ihm
geplanten Neuorganisationen in der Reichs sregierung und in dem preußischen
Staatsministerium augenblicklich ziemlich freie Hand zu bhaben. Zn letzterer
Beziehung äußert er sich bei einem parlamentarischen 2 Diner mit der an ihm
bekannten Freimüthigkeit dahin: „Von den preußischen Ministern seien eigent-
lich nur noch zwei ganz intakt: Hr. v. Kamele und Hr. Achenbach. Camp-
hausen sei thatsächlich entlassen; Graf Eulenburg wegen Krankheit beurlaubt;
Dr. Leonhardt kränklich, Dr. Friedenthal habe sich überarbeitet und Dr. Falk
sei nervös überreizt.“ Um so größer scheint die Schwierigkeit, andere Männer
zu finden, die dem Reichskangler für seine Plane ganz entsprechen.
19. März. (Preußen.) Abg.-Haus; beräth über das vom
Herreuhaus zurückgekommene Gerichtsverfassungsgesetz und die darin
vorgenommenen Aenderungen. Das Abg.-Haus beharrt gegen die
Beschlüsse des Herrenhauses auf der früher von ihm angenommenen
Fassung, obgleich der Justizminister erklärt, daß das Geset in dieser
Fassung für die Regierung absolut unannehmbar sein werde.