Das dentsche Reich und seine einjelnen Glieder. (März 23.) 79
der Moment nicht angethan sei. Auch könne man Aussicht und Verwaltung
nicht in eine Hand legen, wie die Vorlage wolle. Solllen durch die Vor-
lage frühere Pläne bezüglich des deutschen Eisenbahmwesens verfolgt werden,
dann könne man zustimmen, aber doch die Sache nicht über's Ruie brechen.
Man könne sich in der nächsten Session darüber verständigen. Sachlich er-
kläre er sich für die Verweisung der Domänen und Forsten an das land-
wirthschaftliche Ministerium; die Frage könne aber nicht hinter dem Rücken
des alten und neuen Finanzministers entschieden werden. Fürst Mismarck
hebt hervor, der Abg. Miquel habe eigentlich die Vorlage vertheidigl, sei
aber dessenungeachtet zu dem Schlusse gekommen, dieselbe in zwei Punkten
abzulehnen. Es sei nicht richtig, daß die Vorlage ungenügend vorbereitet
sei. Er habe beabsichtigt, den Landtag erst nach dem Schlusse des Rriihs-
tages zusammentreten zu lassen. Dann wäre Zeil gewesen, Alles mit Nuhe
zu erledigen. Der Landtag habe es anders gewollt, und unter den vob-
wallenden Umständen habe die Negierung möglichst diligemium prestirt.
Uenn es sein müsse, könne aber die Sache bis nach dem Reichslags-
schluß verschoben bleiben und dann eine neue Session anberaumt werden.
Dringlich seien alle Punkte der Vorlage, namentlich derjenige in Betreff der
Eisenbahnen. Die heutige Vorlage habe er schon i. J. 1862 gemacht, bei
damaligen Zeitverhälluissen aber nicht durchführen können. Er sei in Zeilen
der Ruhe darauf zurückgekommen. Aus diesen Ideen heraus habe er die
Reichseisenbahnvorlage eingebracht und sich entschkossen. wenn das Reich die
Sache ablehnen sollie zuerst in Preußen, als dem größten Bundesstaate,
damit vorzugehen. „Die Zustimmung beider Häuser des Landtags hat mich
darin bestärkt, daß ich auf richtigem Wege war. Aber ich lonnte die Frage
nicht ventiliren, in welcher Form wir das Reich fragen konnten, ob und
wie es sich zur Uebernahme unserer Bahnen stellen wollte. Ich kann jeht
nicht muhr verantworten, noch mehr Zeit zu verlieren, bis wir in der Eisen-
bahnfrage zum Ziele kommen. Es nupß eben eine andere Verwaltung der
Eisenbahnen Platz greifen, als bisher. Ich will aus der Frage leinen Ron-
flilt schaffen, will sie im Einverständnisse mit Ihnen lösen. Aber lösen
müssen wir sie, wenigstens würde ich, wenn Das nicht möglich wäre, im
Amte nicht bleiben können.“ (Sensalion.) Fürst Bismarck bemerkt weiter:
die Comprtenzfragen bezüglich des Handelsministeriums halte er nicht jür
so hindernd. Wie die Regierung zu dem Neichs zeisenbahnprojekte sich ver-
halten wolle, könne sich ersi nach Lösung der Personeufrage zeigen, und wenn
man wisse, wer prenßischer Finanzminister sei und was ans dieser Vorlage
werde. Er habe sich schwer von Camphausen getrennt. Die Wahl seines
Nachfolgers habe die größten Schwierigkeiten. Er bilte, ihn mit der Vor-
lage nicht auf ein Jahr zu vertrösten. Die Verzögerung der Vorlage würde
die Wahl eines Finanzministers erschweren, dieselbe konne kaum vor Erle-
digung der Vorlage ersolgen. Er bitte also, die Vorlage anzunehmen und,
wenn das Haus Zeit für gründlichere Vorberathung wünsche, im Mai die
Berathungen vorzunehmen und zu brendigen. In der Sißung v. 27. wird
die erste Lesung fortgeseyt. Minister Friedenthal erklärt vor Eiernn
der Diskussion: „Als das Abg.-Haus am 9. Febr. seine Sipungen unterbrach,
um dem Neichstage Platz zu machen, geschah dieß in Folge einer Verstäu-
digung zwischen dem Präsidenten beider Häusfer des Landtags und einigen
vom Staatsministerium delegirten Ministern. Leider unterblieb es ans Ver-
sehen, dem damals beurlaubten Ministerpräsidenten von dem getroffenen Ar-
rangement Mittheilung zu machen, ebenso demselben den Irrthum zu be-
nehmen, als ob die Vertagung des Landtags während der ganzen Reichstags-
session währen würde. Ich bemerke dieß zur Ergänzung der neulichen Er-
klärungen des Ministerpräsidenten.“ Graf Bethusy-Huc erklärt, er und