Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunzehnter Jahrgang. 1878. (19)

Das deulsche Reich und seiue einzeluen Glieder. (Aufang Juni 2) 97 
Grund gebohrt, dieser bedeutend beschädigt. Nur ein Theil der 
Mannschaft kann gerettet werden. Für die deutsche Marine ist das 
Ereigniß ein schwerer Schlag. Die öffentliche Meinung nimmt an 
demselben lebhaften Antheil und verlangt nachdrücklich strenge Unter- 
suchung, wie das Unglück möglich gewesen sei. 
Anfang Inni. (Preußen.) Nach einer amtlichen Mitthei- 
lung in der sächsischen Provinzialsynode liegt es in der Absicht des 
Kirchenregimentes, die erste ordentliche Generalsynode noch in diesem 
Jahr einguberufen. Daß in derselben der gleiche Geist herrschen 
wird, wie in den gegenwärtigen Provinzialsynoden, ist bereits ent- 
schieden, da, außer in Königsberg, überall nur orthodoxe Wahlen 
in die Generalsynode vollzogen worden sind. 
2. Juni. (Deutsches Reich.) Die deutsche Regierung ladet 
in Folge vorausgegangenen Einverständnisses sämmtlicher Groß- 
mächte die Unterzeichner der Verträge von 1856 und 1871 ein, auf 
einem Congreß in Berlin zusammen zu treten, um 
„die Stipulationen des Vertrages von San Stefano zu diskutiren. 
Indem bie deutsche Regierung diese Einladung an die .. Regierung richtet, 
nimmt dieselbe an, daß die ... Regierung, indem sie die Einladung annimmt, 
darein willigt, die freie Discussion des gesammten Vertrages von San Ste- 
fano zuzulassen, und daß dieselbe bereit ist, daran Theil zu nehmen, wenn 
alle dazu eingeladenen Mächte daran Theil nehmen.“ Als Zeitpunkt des 
Zusammentrikts des Congresses wird von Deutschland der 13. Juni d. J. 
vorgeschlagen. Die Ausdrücke sind sehr sorgfältig abgewogen und gleich- 
lautend an alle Mächte gerichtet, um Eugland zu befriedigen, ohne Rußlaud 
zu verletzen. England nimmt deunn auch gewissermaßen nur bedingungsweise 
„Angesichts der mündlichen Andeutung des Grafen Münster, daß die Einladung 
in den nämlichen Ansdrücken auch an die übrigen Mächte ergangen sei, und 
indem es voraussetze, daß jene Mächte der in der Note des Grafen Münster 
constalirten Bedingung kustimmen würden, die an England gerichtete Ein- 
ladung zum genannten Tage an. 
2. Juni. (Teuesches Reich.) Neues Attentat auf den Kaiser. 
Der Thäter heißt D#r. Nobiling und gehört den höheren, gebildeten 
Klassen au. Derselbe macht nach der That einen Selbstmordversuch. 
Er nährte sogialistische Ideen und Tendengen, scheint aber ohne Mit- 
verschworene und ohne irgend welchen direkten Zusammenhang mit 
der sozial-demokratischen Partei gehandelt zu haben. Der Kaiser 
wird an der linken Wange und am Halse, an der linken Schulter 
und der linken Hand durch Schrotkörner verwundet. Hundert- 
tausende umlagern sofort auf die Kunde den Palaft in tiefem ge- 
drücktem Schweigen. Dagegen bemächtigt sich eine unbeschreibliche 
Aufregung und Wuth des Volkes, als der schwerverwundete Mörder 
in einei Polizeiwagen nach der Charité gebracht werden soll. Bei 
Schulthess, GEnrop. uschichtslalender. XIX. Dd. 7
	        
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