Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Juni 25.) 189
doch Rücksicht gewährt werden. Die preußischen Eisenbahn-Verwaltungen
macht aber der Minister darauf aufmerksam, daß die fernere Geltung der
auf abweichenden, dem deutschen Tarifschema nicht entsprechenden Grundlagen
beruhenden internationalen Tarife über den 1. Januar 1880 nicht zu-
gelassen werden könne.
25. Juni. (Deutsches Reich.) Reichstag: Zolltarifcommission:
Bezüglich der Zolleinnahmen und deren Verwendung (Garantiefrage)
wird das erste Alinen des Antrags Frankenstein mit 16 gegen 11
Stimmen angenommen. Danach soll der eine bestimmte Höhe
jährlich übersteigende Betrag an Zöllen und Tabaksteuer den ein-
zelnen Bundesstaaten nach Maßgabe ihrer Bevölkerung überwiesen
werden und diese Ueberweisung vorbehaltlich der definitiven Ab-
rechnung zwischen der Reichskasse und den Einzelstaaten auf Grund
der im Verfassungsartikel 39 erwähnten Ouartals-Extracte bezw.
Jahresabschlüsse erfolgen. Das zweite Alinen des Antrags Franken-
stein, betr. die Bewilligung nur bis zum 1. April 1881, wird zu-
rückgezogen und das zweite Alinen des Antrages Bennigsen, betr.
die Ueberweisung der Ueberschüsse des Reichsetats an die Bundes-
staaten, mit 19 gegen 8 Stimmen abgelehnt.
In diesen Beschlüssen drückt sich die denselben voraus-
gegangene Verständigung zwischen den Conservativen und den
Ultramontanen aus, denen der Reichskanzler seine Zustimmung
ertheilt hat. Die Vermittlung Bennigsens ist damit definitiv
gescheitert und den Nationalliberalen wird kaum etwas anderes
übrig bleiben, als in die Opposition zu treten oder doch eine
rein zuwartende Stellung einzunehmen.
Die Anträge lauteten: I) Antrag Bennigsens: „Entweder im
Zolltarifgesetze oder in ungetrenntem Zusammenhange mit demselben nach-
lehende gesebliche Vorschriften zu beschließen: Die Höhe des Zollsatzes vom
Kaffee und die Höhe des Zollsatzes sowie die Abgabe vom Salz werden für
edes Jahr im Reichshaushaltsetat festgestellt. Ergibt sich im Reichshaus-
altsetat nach der im Einzelnen erfolgten Feststellung der Einnahmen und
lusgaben ein Ueberschuß der ersteren, so ist derselbe im Etat den einzelnen
Bundesstaaten nach Maßgabe ihrer Bevölkerung zu überweisen.“ II) Antrag
Frankensteins: „Im Zolltarifgesetz nachstehende gesetzliche Vorschriften zu
beschließen: 1) Derjenige Betrag der Zölle und der Tabaksteuer, welcher die
Summe von (hier ist der dreijährige Turchschnitt des bisherigen Erträgnisses
der Zölle und der Tabaksteuer einzusetzen) 4 in einem Jahre über-
steigt, ist den einzelnen Bundesstaaten nach Maßgabe der Bevölkerung, mit
welcher sie zu den Matricularbeiträgen herangezogen werden, zu überweisen.
Diese Ueberweisung erfolgt vorbehaltlich der definitiven Abrechnung wiischen
der Reichscasse und den Einzelstaaten auf Grund der im Artikel 39 der
Reichsverfassung erwähnten Ouartalextracte und beziehungsweise Jahres-
abschlüsse. 2) Die Abgabe von Salz und die Zollsätze des Tarifs in Nr..
(die Tarifnummern zu bezeichnen, wird im Laufe der Berathungen vorbehalten)
werden bis zum 1. April 1881 bewilligt und von da ab jährlich im Reichs-
haushaltsetat festgeseyt.“ Dieser Antrag des Centrums war nicht der ur-
sprüngliche (s. 14. Juni), sondern die Folge des Compromisses zwischen