Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zwanzigster Jahrgang. 1879. (20)

Da denische Reich und seine einzelnen Glieder. (Jan. 10—15.) 41 
Religiosität den jungen Gemüthern von außen eingeimpft wissen wollte. Es 
konnte aber keinen glücklichen Erfolh für die Schule haben, wenn so viele 
Mitglieder des Lehrerstandes einen ihrem Beruf abgewendeten Geist hatten 
und wenn viele Lehrer ihre Söhne dem Lehrer-Beruf entzogen, viele Lehrer 
sich sogar geweigert haben, an der Ausbildung der Präparanden für den 
Lehrer-Beruf theilzunehmen, so ist ein solches Thun nicht allein auf die 
äußeren Verhältaisse mrückguführen. ondern theilweise auch auf eine innere 
Abneigung. h erkenne in dieser äußern Behandlung religiöser Dinge einige 
Gründe, die solche Schäden herbeigeführt haben nicht bloß für die Seminare, 
sondern auch für die Volksschulen. Im Jahre 1859, ul bier zum ersten- 
mal ausführlich über die Regulative Erörterungen stattfanden, machte eine 
Rede eines Abgeordneten, des Pfarrers von Melsungen, des Erziehers des 
Frhrn. Georg v. Vincke, einen großen Eindruck auf mich. (Der Minister 
verliest aus der Rede eine. Stelle, in der gesagt ist: daß der Zweck der Re- 
gulalive, die Religiosität in den Familien und Gemeinden mehr und mehr 
fest zu begründen, wenn die angewendet werden wie jeht, am allerwenigssen 
erreicht werden würde. Den Kindern werde der Religionsunterricht verleidet 
und mit ihm auch die Religion. Der erstere müsse in der Weise ertheilt 
werden, daß die Religionsstunde den Kindern die liebste Stunde sei, aber 
nicht eine solche, in welche sie mit Furcht und Schrecken gehen, denn die 
Furcht treibe die Liebe aus, auch die zur Religion.) Nun, meine Herren, 
mein Bestreben ist es gewesen, diese Liebe zur Religion wiederhergustellen 
(Lachen im Centrum, Unruhe, Rufe links: Ruhe)), und jene traurigen Folgen 
zu beseitigen durch Vermehrung und Verbesserung der Schulen, ensprechende 
Erziehung der Lehrer und Anweisung zur Ertheilung eines fruchtbringenden 
Neligionsunterrichts. Der Abg. Perger trennt die erziehliche von der unter- 
richtenden Aufgabe in der Schule; aber bei allem Respect vor seiner päda- 
gogischen Bedeutung stehe ich doch auf der Seite derjenigen ebensalls er- 
fahrenen Pädagogen, welche bieeen Unterschied als einen rein doctrinären 
hinstellen Ohne Unterricht mag wohl im Hans erzogen werden, aber nicht 
in der Schule; die Aufgabe der Schule ist der Unterricht, dessen erziehende 
Wirkung zum Theil durch seinen Inhalt bedingt wird. Wenn das Lebens- 
bild eines tüchtigen Mannes, eines vortrefflichen Menschen gezeichuet wird, 
so macht das einen großen Eindruck auf das Kind; es sagt sich: so willst 
du auch werden. Wessen Lebensbild in dieser Beziehung die größte Be- 
deutung hat, 2 brauche ich Ihnen nicht zu sagen; es ist mit allem Nach- 
druck im §. 16 der allgemeinen Bestimmungen hervorgehoben. Eine fromme 
Gesinnung in eiwas herrliches; wenn sie aber vor der Gefahr der Heuchelei 
oder doch der der Schwärmerei geschüßt werden soll, so muß das Kind zur Be- 
thätigung derselben in seinem kleinen Kreis und seinen kleinen Aufgaben 
egenüber angehalten werden. Darum muß das Kind arbeiten, es muß 
ernen, das ist seine Hanptarbeit. Die Arbeit dient gerade zum Erziehen, 
und das Lernen ist das erste Mittel zur Erziehung. Ein zweites Moment 
und zwar das hauptsächlichste, ist die Persönlichkeit des Lehrers in seinen 
Beziehungen zu den Kindern; am meisten erziehlich aber wirkt der Lehrer, 
wenn er die Kinder nach ihrer Eingelart zu behandeln weis. Dazu ist er 
aber nicht im Stande, wenn er einer überfüllien Classe hegenüber steht, und 
ich habe im Inleresse der Erziehung gehandelt, wenn ich ein Hauptangenmerk 
meines Vestrebens darauf richtete, die überfüllten Classen allmählich zu nor- 
malen Classen zurückzuführen. Diese schwere Aufgabe kommt ihrer Lösung 
immer näher; es siehen jetzt etwa 4000 vorschriftsmäßig geprüfte. Vhrer mehr 
zu Diensten als vor sechs Jahren. Die meisten dieser Lehrer sind zur Bil- 
dung neuer Classen verwendet, wodurch die Schüler der früher überfüllten 
und der neuen Classen enlschieden gewannen. Der Lehrer kann jetzt die 
  
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.