Full text: Europäischer Geschichtskalender. Einundzwanzigster Jahrgang. 1880. (21)

140 Dos beufsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Mai 8—10.) 
den Reichskanzler mit Heftigkeit an und provocirt dadurch eine Er- 
klärung des Finanzministers Bikter, die Virchow drastisch widerlegt. 
Bennigsen sucht zu vermitteln, indem er beantragt, den Antrag an 
die Commission zurückzuweisen und sie zu einem schriftlichen Berichte 
aufzufordern, wodurch der ganze Streit bis aufs künftige Jahr ver- 
tagt würde; würde sein Antrag abgelehnt, so müßte er gegen die 
Commission stimmen. Staatssecretär Hofmann bittet, den Antrag 
Bennigsens abzulehnen und die Vorlage pure zu genehmigen. Bei 
der Abstimmung wird derfelbe auch wirklich mit 125 gegen 125 
Stimmen, also mit Stimmengleichheit, abgelehnt. Die 88 1—3 
werden angenommen. 8§ 4 wird bei Zählung der Stimmen mit 
134 gegen 114 Stimmen abgelehnt, ebenso 8 7. Die übrigen 88 
werden angenommen. Ueber die von der Commission hinzugefügte 
Clausel wird namentlich abgestimmt und dieselbe mit 138 gegen 
110 Stimmen verworfen. — Dritte Lesung der Elbeschifffahrts- 
acte. v. Seidewitz und Genossen beantragen, die Art. 4 und 7 der 
Regierungsvorlage wiederherzustellen, Windthorst und Delbrück die 
Zurückweisung der Vorlage an die Commission zu schriftlicher Be- 
richterstattung. Richter (Forschr.) erklärt, er werde jetzt für diesen 
Antrag stimmen, nachdem die materielle Entscheidung zu Gunsten 
Hamburgs erfolgt sei und der Antrag nicht mehr den Character 
einer bloß dilatorischen Einrede habe, wie es in der zweiten Lesung 
nach der Rede Bennigsens habe scheinen können. Schließlich wird 
der Antrag gachndthorst Delbrück angenommen. 
Vorfall zwiichen. Dichan und dem Finanzminister Bitter ist 
folgendcdern in u Sitzung vom 10. Mai wird von Virchow gegenüber dem 
preußischen -zinanhminister Bitter. der eine von Virchow erwähnte Corre- 
spondenz zwischen dem Fürsten Bismarck und Bitter in Abrede gestellt hatte, 
folgender worihch Passus aus einem Schreiben des Reichskanzlers an Bitter 
vom 15. April ds. Is. bezüglich der Verlegung der Zollgrenze nach Cux- 
haven verlesen: „Es würde damit die politische Wirkung erreicht werden, 
auf die es vorläufig ankommt, nämlich: die Einwilligung Hamburgs zum 
Eintritt in das Zollgebiet bercteinsühen. Die Authenticität dieses Briefes 
wird vom Finanzminister Bitter durch sein Stillschweigen anerkannt, und 
dieselbe wird auch sonst nirgends bezweifelt. 
Nachdem der Präsident eine Uebersicht der Geschäftsthätigkeit 
des Hauses gegeben, spricht Bennigsen dem Präsidium und dem 
gesammten Vorstand den Dank des Hauses für ihre Geschäftsleitung 
aus, worauf der Kanzler-Stellvertreter Graf Stolberg eine aller- 
höchste Botschaft verliest, die den Reichstag schließt. Mit einem 
dreisachn aboch auf den Kaiser schließt die Session. 
8 Neichskanzlers v. 8. Mai (nach den offic, stenogr. Ver- 
hanblune 2 erlaube mir zunächst meinem Bedauern darüber Ausdruck
	        
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