Dos denische Reich und seine einzelnen Glieder. (Mai 8—10.) 151
wierigkeit und den Zeitverlust alljährlicher Etatsdebatten, von der Reichs-
regierung zum Zweck der Verlängerung der Etats= und Sessionsperioden
sofort beim Beginne der Sitzungen eingebracht? worden war, um schließlich
ganz von der Tagesordnung zu verschwinden. Die Reichsregierung halte sg
inzwischen überzeugen müssen, daß die unzweifelhaft große Mehrheit des
Reichstags in der Vorlage eine Verkürzung des constitulionellen Rechts der
Volksverkretung erblicke und daß somit die Ablehnung außer allem Zweifel
gewesen wäre. Der für 1880/81 vom Reichstag festgestellte Elat ist aller-
dings nicht allzubefriedigend, doch auch nicht geradezu unbefriedigend, na-
mentlich bezüglich der Matricularbeiträge. Dieselben betragen freilich no-
minell noch immer 81,670,950 “ (gegen 89,070,950 im Vorjahre). Zieht
man aber die sog. Abfindungen, die in Wahrheit vielmehr ben dauernden
eigenen Einnahmen des Reiches hinzuzufügen sind, ab und ferner die den
F#ngelnen Bundesstaaten vom Neiche auf Grund des Gesetyzes vom 15. Juli
1879 an Zöllen und Tabaksteuer zukommende Summe von 40,624,500 ,
so. berechnen sich die Matricularbeikräge für das laufende Jahr in Wirklich=
keit auf nur 23,928,686 /4 Bei der Militärnovelle und dem Socia-
listengesetz ging bie vorjährige Allianz zwischen den Conservativen und
dem ultramontrauen Centrum wieder auseinander und wurde durch eine
solche zwischen den Conservativen und den Nationalliberalen ersett. Der
Militär= und Marineetat hat nachgerade freilich eine äußerst bedenkliche
öhe erreicht. Für das Jahr 1873 betrug der Etat der Verwaltung des
eichsheeres 2760,511,473 4) jener der Marineverwaltung 9,197,298.4;
374 278,499,627 /4 und 13,834,674 (/4; 1875 311, 394,605. # und
, 047, 818 ; 1876 316,205,738 M. und 21.068, 481 : 1877/78
23,553, 398 u. 21,672,073./4; 1878/79 322,518,2 83 u. 24, 110, 520.4;
156/80 321,184, 910 & und 25,122,789 /4; 1880/81 325,915, 00 *— und
25.633,546 Da Dazu kommen noch die Invalidenpensionen, welche für
— auf 32,098,512 4 festgesetzt sind, und die ganz bedeutenden außer-
orbentlichen Militärcredite. Der Etat des 2 Reichsheeres hat sich also von
1873 bis 1880/81 um rund 50 Mill. -4, jener der Marine um rund 16 ½
Mill. —4 vermehrt. Durch die mit 1. Apr il 1881 ins Leben tretende Mi-
litärgesetnovelle wird sich die Erhöhung des Etats des Reichsheeres auf
vahenn 70 Mill. —, gegen 1873 ein Mehr von rund 25 Progc. belaufen.
— Die Steuer= und Wühchaftsrefamm aber hat in dieser Session gar keine
weiteren Forkschritte gemacht, wenn man von dem Wuchergesetz, dessen Wirk-
samkeit vorerst noch eine zweifelhafte und vielleicht mehr als zweifelhafte
ist, und von der Resolution bezüglich des Innungswesens, deren Ausführung
sich in der Praxis die „größten thatsächlichen Schwierigkeiten in den Weg
legen dürften, absieht. Die Brausteuer ist im Reichstag, die Stempelsteuer
in der Reichstagscommission, die Wehrsteuer schon im Bundesrath stecken
eblieben. Der vom Reichskanzler in seiner großen Programmrede 1879
entwickelte Plan ist also noch sehr weit von seiner Ausführung entfernt.
Auch sonst zeigte sich die Mehrheit des Reichstags den Intentionen des
Reichskanzlers unläugbar weuig geneigt. Die Vorlage bezüglich Küsten-
schifffahrt wurde so modificirt, daß die Regierung sie für unannehmbar er-
klärie, die Samoa-Vorlage wurde abgelehnt, gegen das Tabakmonopol eine
kaum mißzuverstehende Tagesordnung beschlossen und in der hamburgischen
Freihafeufrage trat die Mei cbcheit *“ ungweidentig jedenfalls mehr oder
weniger auf die Seite Hamburgs. In allen biesen Fragen bildete unzweifel-
haft das ultramontane Centrum den Kern der Opposition oder gab ihm
wenigstens das Schwergewicht. Daher des Kanzlers entschiedener Absagebrief
in seiner großen Rede vom 8. Mai, über deren Gedankenfülle nur die äußerste
Linke leichten Fußes hinwegschritt, während die besonnenen Politiker aller
FßnMEZEESS