194 Dos dbenlsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Inni 25—96.)
Einführung der Doppelwährung oder der reinen Silberwährung:
„In Erwägung, daß der Bundesrath keinen Anlaß findet, von den
Grundlagen der Münzgesetzgebung von 1871 und von 1873 abzu-
weichen, der Eingabe keine Folge zu geben."
25. Juni. Die Conferenz der Großmächte in Berlin nimmt
den Antrag Frankreichs bezüglich der Grenzerweiterung Griechen-
lands einschließlich Jannina's, Metzowo's und Larissa's nach den
Detailvorschlägen der technischen Commission einstimmig an. Den
Wünschen Griechenlands ist damit vollständig entsprochen. Dagegen
steht auch schon jetzt fest, daß die Pforte sich ohne Gewaltanwendung
dem Beschlusse nicht fügen wird. Gewaltanwendung ginge aber ent-
schieden über die Beschlüsse des Berliner Congresses hinaus.
26—28. Juni. (Preußen.) Abg.-Haus: Dritte Lesung der
kirchenpolitischen Vorlage. Der neu vereinbarte § 1 wird mit 198
gegen 197 Stimmen abgelehnt. (Große Ueberraschung; lauter Bei-
fall links.) Mit Ja stimmen nur die Conservativen und der klei-
nere Theil der Nationalliberalen, mit Nein alle übrigen Fractionen.
8 4 (Vischofsartikel) wird fast einstimmig abgelehnt. Für denselben
stimmen nur die Minister und der Abg. Tiedemann (Heiterkeit).
Die übrigen 88 werden nach der zweiten Lesung angenommen oder
verworfen. Das ganze Gesetz wird mit 206 gegen 202 Stimmen
angenommen.
In der Debatte erklärt Schorlemer-Alst (ultr.), die Vorlage
wolle die Regelung der Angelegenheit ohne Rom, wolle das Centrum dis-
crediltiren und constituire Ministerialwillkür und Absolutismus. Gegen ein
solches Gesetz müsse das Centrum sich aussprechen, so lange Anzeigepflicht
und Staatsaufsicht aufrechterhalten würden. Die Annahme der Vorlage
seitens des Centrums wäre ein Verrath an den Interessen der Wähler.
Migquel (nat.-lib. ): das Wesen und der Zweck der Motive der Vorlage sei
ihm absolut unverständlich gewesen. Nachdem dem Gesetze die Gefährlichteit
der discretionären Gewalt durch die Fristbestimmung und andere Aenderungen
benommen wäre, würde er der amendirten Vorlage zustimmen können.
Cultusminister: biltet um Annahme der Vorlage und ersucht namentlich
um die Annahme des Artikels 4. Jedoch würde die Regierung jeden Be-
schluß des Hauses entgegennehmen, könne aber zur Zeit nicht erklären, ob
sie sich ablehnend oder annehmend diesen Beschlüssen gegenüber verhalten
werde. Stengel (freicons.) erklärt, die freiconservative Partei wolle den
Artikel 4 ablehnen, weil die Nationalliberalen gegen das Gesetz stimmen
würden, wenn derselbe aufrechterhalten bleibe. Sie werde für die ganze
Vorlage stimmen in der Erwartung, daß das Haus von derartigen Vorlagen
verschont bleibe, bis man Definitives geschaffen. v. Nauchhaupt (conserv.) be-
dauert, daß die Regierung ihre Entschließung noch nicht getroffen und dadurch
die Lage erschwert und die Verantwortlichkeit des Haujes vergrößert habe. Die
conservative Partei habe im Gefühl ihrer Verantwortlichkeit zu retten gesucht,
was zu retten sei, und deßhalb beschlossen, den Arlikel 4 fallen zu lassen,