198 Da deulsche Reich und seine rinzelnen Glieder. (Juli 1.)
Hierauf richtet Fürst Hohenlohe das Schlußwort an die Versamm-
lung, in welchem er Etont, daß durch die Einmüthigkeit der Regierungen
und die energische Thätigkeit der Conferenz ein schnelles und erfolgreiches
Resultat ermöglicht worden sei. Graf Széchenyi dankt dem Fürsten Hohen-
lohe für die umsichtige Geschäftsleitung, hebt das Verdienst Deutschlands um
die Berufung der Conferenz hervor, preist die Friedensliebe und Weisheit
des Kaisers Wilhelm und die staatsmännische Kraft des Fürsten Bismarck.
Die Botschafter Frankreichs, Englands, Nußlands und Italiens sprechen in
ähnlichem Sinne und betonen die Einmüthigkeit der Mächte, welche die
stärkste Friedensbürgschaft bilde. Nach der Conferenz findet ein Diner bei
dem russischen Botschafter v. Saburoff statt, welchem außer sämmtlichen
Conferenzmitgliedern auch der türkische Botschafter Sadullah Bei und die
griechischen Telegirten Rhangabe und Brailas beiwohnen. Saburoff bringt
einen Toast auf Kaiser Wilhelm aus, welchen Fürst Hohenlohe mit einem
Toasle auf die Sonveräne der Conferenzmächte erwider
Das Wort „arbitrage", mit dem die Conferen ihren Beschluß in
der türkisch-griechischen Grenzfrage bezeichnet, bedeutet e bensowohl einen
Schiebsspruch als ein Gutachten. Im vorliegenden Falle ist es in der let-
teren Bedeutung zu nehmen; denn auf der Conferenz selbst ward betont,
daß sie keine Entscheidung, sondern eine Vermittlung zu treffen habe, und
das „Journal des Döbats“ bemerkt, das Wort aarbitrage“ sei nach längerer
Debalte eigens gewählt worden, um die Empfindlichkeit der Pforte zu schonen.
Officiell wird dergleichen gethau, als ob die Mächte sich der Legrün.
deten Hoffnung hingäben, daß sowohl Griechenland als die Pforte ihre Be-
schlüsf annehmen würden. In Wahrheit hat aber die Pforte schon unter
em 22. Juni gegen eine Ablretung von Jannina und Prevesa, Larissa und
Metzowo förmlich Protestirt und am 28. Juni die Conferenz darauf auf-
merksam gemacht, daß das 13. Protokoll der Berliner Conferenz, welches
allerdings auch die Pforte unterzeichnet habe, nur eine Einladung zu einem
Uebereinkommen mit Griechenland enthalte, und zugleich neuerdings erklärt,
daß sie einen Vertrag bezüglich einer Abtretung, in der auch obige 4 Purcte
inbegriffen wären, niemals unterzeichunen werde (äcc ne jamnis signer un
pareil arrangemem). Die Vertreter der Mächte in Konstantinopel machen
sich auch sogleich daran, die Pforte auf andere Anschauungen und Beschlüsse
pu bringen und die lebergabe der Collectivnote wird dadurch verzögert, je-
och ohne Erfolg: die Pforte bleibt fest.
1. Juli. (Deutsches Reich.) Bundesrath: vertagt sich bis
Ende September. Von dem im vorigen Jahr so viel befprochenen
Eisenbahngütertarifgesetz ist es inzwischen ganz still geworden.
Der Bundesrath hatte vor Jahresfrist beschlossen, das Eisenbahn=
gütertarisgesetz an einen außerordentlichen Eisenbahnausschuß zurückzuver-
weisen, mit dem Auftrag, in die Detailberathung über ein einheitliches Tarif-
ystem mit den dazu gehörigen Normaleinheitssähen einzutreten. Nach der
Presse zugehenden Miktheilungen lag es anfänglich in der Absicht, den
Bundesrathsausschuß für das Gütertarifwesen schon im October vorigen
Jahres wieder einzuberufen; dieß unterblieb jedoch, hauptsächlich mit Rück-
sicht auf die Verhandlungen im preußischen Abgeordnetenhause, wo# über den
Ankauf einer Reihe von Privatbahnen für den Staat berathen wurde. In-
wischen sind die Materialien bezüglich der von den betheiligten Regierungen
sn angemessen erachteten Gliederung des Tarifs, der Normaleinheitssätze und
der für nothwendig und zulässig zu erachtenden Abweichungen von dem-
selben eingegangen. Für die Wiederberufung des Ausschusses ist indeß noch