302 Pie Oesterreichisch-Augarische Monarcie. (Mai 13.)
auch die 6 bolitiiche Allianz in die Brüche gehen. Minister Korb-Weiden-
heim: Die Geschichte lehrt uus Eines: man kann polilisch recht innig ver-
knüpft sein, und die Verhältnisse können es zuwege bringen, daß man sich
handelspolitisch nicht verträgt. Es ist vortheilhafter, wenn Letzteres nicht
der Fall ist; wenn es aber nicht anders sein kann, wird die politische Ver-
bindung dadurch doch nicht gestört. Die Zeit, wo man politische Allianzen
schlohß auf Kosten und ohne Rücksicht auf die handelspolitische Seite, diese
Zeit ist, glaube ich, vorbei.
Das Haus beschließt auf den Antrag des Polen Dunajewski
in namentlicher Abstimmung mit 158 gegen 143 Stimmen, ent-
gegen dem Vorschlag des Präsidenten, die Anträge Herbst und
Wurmbrand nicht auf die Tagesordnung für die nächste Sitzung
zu stellen, um nicht die bestehende Verbitterung noch zu sieigern,
und weil auch die zu wählenden Ausschüsse bei der bevorstehenden
Verkagung des Reichsraths die Verathung nicht mehr beginnen
könnte.
13. Mai. (Oesterreich.) Abg.-Haus: trifft die Delegations-
wahlen und vertagt sich sodann. Das Herrenhaus bleibt indeß noch
beisammen, um das Budget zu berathen.
Die drei Clubs der Rechien feiern am Abend ein „Verbrüderungs-
jest“, wie sich das „Vaterland“ ausdrückt, indem jeder Club abgesondert für
sich ein Abschiedsbankett veranstaltet, nachdem eine Einigung über eine ge-
meinsame Feier nicht hatte erzielt werden können. Darüber machen sich na-
türlich die deutsch-liberalen Organe lustig. Die Diners scheinen übrigens
doch für die verföhnliche Stimmung von wohlthätigem Einflusse zu sein,
denn nach beendetem Mahle rücken die Clericalen und Cgechen, die im „Hotel
Metropole“ getafelt, zusammen und die Polen entsenden dorthin eine Depu-
tation. Bemerkenswerth ist, daß Minister Prazak (Czeche) dem Bankett der
Gechen Wiister Graf Falkenhayn (elerical) dem der Rechtspartei beiwohnt.
r Rückblick auf den bisherigen Theil der Session ist ein
sehr wensg befriedigender. An die Stelle der Parteien-Versöhnung, welche
herbeigeführt werden sollte, ist eine Parteien- Erbitterung getreten, die gerade
in den letzten Tagen eine Steigerung erfahren hat. Die Stellung der beiden
Parteien zu einander ist die schroffste geworden, die sich nur denken läßt.
Die Nechte hat, sich auf die winzige Mehrheit einiger wenigen Stimmen
stühend, zur Vergewaltigung der Gegenpartei gegriffen und ist in dieser Be-
ziehung zu einem im parlamentarischen Leben unerhörten Worgehen geschritten,
indem sie mit ihrer kleinen Mehrheit verhinderte, daß Anträge, die von der
Vesammilen Gegenpartei unterstützt worden, auch nur auf die Tagesordnung
gesehbt wurden. Die deutsch-liberale Partei hat nun bei den Telegations-
wahlen Revanche genommen, sie hat Compromisse, wie sie bisher im Schwange
waren, von der Hand gewiesen, und sich gleichfalls auf die kleine Mehrheit
von wenigen Stimmen gestützt, die sie in den Kronlandsgruppen besitzt, mit
deren Hülfe es möglich geworden, der Telegation eine deutsch-liberale
Mehrheit zu sichern. Es wurden also für jene Kronländer, deren Vertreter
der Mehrheit nach der deutsch-liberalen Partei angehören, nur Mitglieder
dieser Partei in die Delegation gewählt. So kommt es, daß dießmal zum
Beispiel Böhmen in der Delegation nur durch Deutschliberale vertreten sein,
und der Delegation kein einziges Mitglied der czechischen Partei aus Böhmen