Die Oeserreihisch-Augorilche Monarchie. (Mai 13—25.) 303
angehören wird. Es gehört dieß zu den seltsamen Erscheinungen der öster-
reichischen parlamentarischen Maschinerie, daß aus einem Parlament, in
welchem die Rechte die Mehrheit hat, eine Delegation hervorgeht, deren
Mehrheit aus Mitgliedern der Linken bestehen wird. Daß man in deutsch-
liberalen Kreisen in solcher Weise vorgegaugen, ist, nach der Schroffheit,
welche man im gegnerischen Lager an den Tag gelegt hat, sehr begreiflich.
So schlieht die Session handgreiflich mit Erscheinungen, die im vollsten Gegen-
fabe zu der Verjsöhnung siehen, welche man bei Eröffnung dieser Reichsraths-
werirhe, dem vielbesprochenen Programm Taaffe gemäß, als deren Ergebniß
erhoffte.
13. Mai. (Ungarn.) Baron Senyey, der begabte Führer
der Conservativen, nimmt, nachdem er sich seit zwei Jahren ganz
zurückgezogen hatte, doch wieder ein Mandat ins Unterhaus an und
spricht es bei Uebernahme desselben zum ersten Mal offen aus,
daß er nur bedingungsweise ein Freund der Aufrechterhaltung des
staatsre hilichen Verbandes zwischen Oesterreich und Ungarn sei, nämlich nur
insofern und insolange, als dieser VBerband für beide Theile von Nußen ist
und auf wechselseitiger Billigkeit, auf befriedigender #uggleichung der In-
leressen beruht, und insolange dieser Verband die Bertheidigung der Selbst-
ständigkeit Ungarns ermöglicht. Mit andern Worten, Sennyey läßt deutlich
durchblicken, daß auch solche Fälle in dem Bereiche der Möglichkeit liegen,
die ihn veranlassen würden, den Verband Oesterreichs mit Ungarn zurückzu-
weisen und auf den Boden der Personal-Union zu trelen.
18. Mai. (Oesterreich.) Herrenhaus: Budget für 1880:
Die vom Referenten beantragte Wiedereinsetzung des vom Abgeord-
netenhause gestrichenen Dispositionsfonds von 50,000 fl. für das
Ministerium unterbleibt, da Graf Taaffe erklärt, daß die Regierung
darauf für das Jahr 1880 verzichte.
24—25. Mai. (Oesterreich.) Herrenhaus: Budget für 1880,
Unterrichtswesen: Die Debatte geftaltet sich auch hier alsbald zu einer
Debatte über die Sprachenfrage. v. Hasner, Fürst Schönburg u. A.
greifen das böhmische Sprachenzwanggesetz vom 27. April nachdrück-
lich an, Frhr. v. Schmerling die ganze Politik der Regierung. Graf
Taaffe antwortet schwach. Sectionschef v. Sacken (der Verfasser
jenes Gesetzes) interpretirt es so, daß es einer theilweisen Rücknahme
der Verordnung fast gleich kommt.
v. Schmerling: „Es ist nun zum drittenmale, daß wir seit 18
Jahren die Bahn staaksrechtlicher Erperinente betreten. Zweimal wurden
sie versucht, zweimal hat man sich mit der Hoffnung geiragen, auf diesem
Gebiete, ich weiß nicht welche Gegensätze zu vereinigen, Frieden im Innern
herzustellen und die sogenaunten leidigen Verfassungsfragen zur Befriedigung
aller Parteien zu lösen. Zweimal ist es nicht gelungen, es wird nun ein
drittesmal versucht, und — ich bin in die traurige Nothwendigkeit versht,
es auszusprechen, so weit meine Ueberzeugung reicht — wird nicht
lingen, kann nicht gelingen. Denn schroffe Gegensähe lassen a6h t
ausgleichen. Der Freiheitsstaat und der Föderativstaat, die Anfklärung
und der Ultramontauismus lassen sich nicht vereinigen, und daher ist es eine