304 Die Oeslerreichisch-Angarische Monarchie. (Ende Mai — Anf. Juni.)
vergebliche Bemühung, dieses Gebiet zu betrelen; es kann keinen Erfolg
haben. Wir sind umgeben von Staaten, die das Einheilsprincip mit aller
Starrheit ausführen Und wir sollen das, was wir durch jahrhundertelangen
Kampf errungen haben, eines Experiments wegen aufgeben? So viel ist
gewiß, daß unsere Verfassung ernstlich bedroht ist; sie wird nicht direct
bestürmt, aber man unterwühlt sie von allen Seiten, nicht allein
der offene, sondern auch der unterirdische Krieg wird gegen sie geführt. Wenn
wir uns zur Abwehr einigen, so sind wir die wahrhaft conservative Parlei.
Wir sind es, die das Banner Oesterreichs hoch halten, wir kämpfen für
Oesterreich, für den Glanz der österreichischen Kaiserkrone, und deßhalb wird
die Vorsehung auch uns den Sieg zuwenden.“
Cardinal Schwarzenberg spricht sich gegen die 8jährige Schul-
pflicht aus. Der Unterrichtsminister Conrad v. Eybesfeld erklärt
jedoch, deß
die Regierung nicht im Stande ist und nicht im entferntesten daxan
denkt, den Grundsatz der achtjährigen Schulpflicht im Reichs-Volksschulgesetze
aufzugeben, es aber für ihre große Pflicht hält, den localen Verhältuissen
in der Frage Rechnung zu tragen, die sich nicht nach den Ländern, sondern
nach einzelnen Bezirken, ja es ist nicht unrichtig bezeichnet, nach einzelnen
Gemeinden verschieden darstellen.“
Hernach wird das Budget zu Ende berathen, das Gesetz be-
züglich einer Militärtaxe angenommen und werden die Wahlen in
die Delegation getroffen, worauf auch das Herrenhaus sich vertagt.
Ende Mai. (Ungarn: Croatien.) Die Unterhandlungen
zwischen den beiden Regnicolardeputationen haben schließlich zu
einem Resultat geführt. Der neue Ausgleich zwischen Ungarn und
Croatien bringt indeß dem lepzteren keine neuen finanziellen Vor-
theile. Dagegen ist Croatien von der ungarischen Regierung die
demnächstige Incorporirung der Militärgrenze in bestimmte Aussicht
gestellt worden. Die letztere zählt 700,000 Einwohner und die Ge-
sammtbevölkerung Croatiens würde durch die Einverleibung von
1,140,000 Seelen auf 1,840,000 ansteigen.
— Mai. (Hesterreich: Böhmen.) In den deutschen Theilen
Böhmens herrscht in Folge der sog. Sprachenzwangsverordnung eine
große Aufregung und sind im Laufe des Monats gahllose Proteste
gegen dieselbe beschlossen worden.
Anfang Juni. (Oesterreich.) Die Ministercrisis ist schon
wieder acut geworden. Der Rücktritt des neuen Finanzministers
v. Kriegsau steht unter allen Umständen fest, da er sich nach all-
gemeinem Urtheil in der Budgetdebatte als völlig unzureichend für
die Leitung seines Ressorts erwiesen hat. Allein, wie ihn ersetzen,
das ist die Frage. Die drei Minister Horst, Korb und Stremayr
verlangen, daß sich das Cabinet in seiner Ersetzung der linken, ver-
fassungstreuen, deutschen Seite der Abgeordneten wieder mehr nähere.