Dir Oesterreichisch-Ingarische Monarqhit. (Oct. 3.) 315
VBolkstheile oder Stämme hintangeseht hat. Der Parteitag verurkheilt daher
auch die für Böhmen erlassene Sprachenverordnung und erklärt es als un-
erläßliche Aufgabe der Abgeordneten, mit aller Entschiedenheit für deren
Aufhebung einzutreten. Diese Verordnung, fonst allen sprachlich gemischten
Staatstheilen unmöglich, aus keinem practischen Bedürfniß entsprungen,
durch keine gesepliche Vorschrift begründet, verlangsamt und vertheuert Ver-
waltung und Rechtspflege und entkleidet dieselbe ihrer staatsnothwendigen
Einheitlichleit. Sie beeinträchtigt die vollberechtigten Interessen und An-
sprüche des geschlossenen deutschen Sprachgebietes, beleidigt aufs tiefste die
nationale Empfindung des deutschen Volkes, stört nachhallig den Frieden
des Landes und weckt bereits in den deutschen Bezirlen den Nuf nach ad-
ministrativer Trennung Böhmens in zwei Sprachgebiete. Angesichls aller
mit der Regierungsactien verbundenen Nachtheile und Gefahren ist es Pflicht
des deutschen VBolkes und seiner Vertreter, die Regierung mit allen Mitteln
des Gesebes zu bekämpfen und in diesem Kampfe unerschütterlich auszuharren.
2) Der dritte deutschböhmische Parleitag erkennt die Einberufung eines deutsch-
österreichischen Parteitages als polilische Nothwendigkeit und ermächtigt die
Vertrauensmänner des deutschen Volkes in Böhmen, die erforderlichen Ver-
handlungen einzuleiten. 3) Der dritte deutschböhmische Parteitag begrüßt
mit aufrichtiger Freude das Inslebentreten des Teutschen Schulvereins in
Wien und spricht den dringenden Wimsch aus, daß die Deutschen Böhmens
denselben in Stadt und Land kräftigst unterstützen."
Die Resolntion wird jedoch eine halbe Stunde vor der Er-
öffnung der Versammlung confiscirt. Der Vorsitzende Dr. Schmeykal
theilt es der Versammlung mit, indem er folgende zahmere Fassung
vorschlägt:
„Der dritte deutsch-böhmische Parteikag erklärt, daß er den von den
Parteitagen in Niederösterreich und Mähren beschlossenen Resolutionen ihrem
vollem Inhalte nach beitritt. (Stürmischer Beifall.) Der Parteitag spricht
seine Ueberzeugung aus, daß die volle Einigleit der Deutschen in Böhmen
und das Bemnußtsein der Solidarität mit den Deutschen in Cesterreich über-
haupt nicht bloß das dringendste und unerläßliche Bedürfniß ist, sondern
daß sich die Bevölkerung Tessen auch vollkommen bewußt und diese Einig-
keit wirklich vorhanden ist. (Stürmischer Beifall.) Der Parteilag erklärt
sich mit dem Vorgehen der deutsch-böhmischen Abgeordneten, insbesondere hin-
sichtlich der Sprachenverordnung, vollkommen einverstanden und bestätigt, daß
die Aufregung und Mißstimmung über die Sprachenverordnung sich nicht ver-
mindert haben, sondern noch beständig im Wachsen begriffen sind.“ Der Prä-
sident fügt bei: Wir hoffen, daß diese Resolution nicht confiscirt werden wird.
Auch unsere Opposition ist nicht Ganfizeirbar (Goher Beifall), cbenfowenig
wie unsere Ueberzengung confiscirbar ist. Das deutsche Bolk, seine Vater-
landsliebe, seine treue deutsche Geiinnnng. blureeh stürmischer Applaus)
wird stets so maßvoll wie entschieden, so loyal wie correct sein; denn mit
Stolz kann unjer Volk sagen, daß seine Loyalität überhaupt sowie gegen-
über der Krone stets unabhängig war vom herrschenden politischen Systeme.
(Stürmischer Beifall und Nufe: So waren wir immer!) Niemals hat diese
Loyalilät Unterbrechungen oder Nuancen erfahren. Die Achtung vor unseren
politischen Gegnern zwingt mich, Weileres nicht zu sagen und an Weiteres
nicht zu erinnern. Unsere Gegner schmähen uns als Partei der Negation,
wir sind es in mancher Beziehung. Wenn man uns zumuthet, uns zu ent-
nationalisiren und auf die Anrechte des deutschen Stammes zu verzichten, so
sprechen wir Rein! (Allgemeine Rufe: „Nein!“) Wenn man von uns ver-