Full text: Europäischer Geschichtskalender. Einundzwanzigster Jahrgang. 1880. (21)

Erankreich. (Jan. 4- 10.) 367 
von Chiselhurst strömten, empfängt nicht. In den Kreifen des Prinzen Na- 
poleon sieht man darin, daß fast die ganze imperialistische Welt sich bei 
demselben einstellt, den Beweis, daß die Mannszucht in der Partei wieder 
hergestellt sei und diese in Zukunft dem neuen „Chek de la lamille impériale“ 
folgen werde. 
4. Jannar. Die Entlassung mißliebiger Beamteter beginnt 
nach dem Willen der Kammer. Den Reigen beginnt eine Anzahl 
hoher Beamteter in den Ministerien der Finanzen, des Innern und 
der Justiz. Marschall Canrobert wird als Präsident der aus allen 
Corpsbefehlshabern bestehenden Commission für das Avancement der 
Offiziere vom neuen Kriegsminister einfach und doch discret bei Seite 
geschoben durch die Anordnung, daß der älteste Divisionsgeneral der 
Armee den Vorsitz zu übernehmen habe. Die gesammte republi- 
canische Presse fährt inzwischen fort, den Feldzug gegen die nicht 
republicanisch gesinnten Beamteten zu predigen. 
6. Januar. Die Senatoren gehen den Abgeordneten mit 
einem maßgebenden Beispiel voraus. Sämmtliche Gruppen der re- 
publicanischen Senatsmehrheit erklären sich in einer Plenarversamm- 
lung ihrer Vorstände als ministeriell d. h. für Freycinet. Mit- 
glieder des linken Centrums machen den einzigen Vorbehalk: ihr 
unabhängiges Urtheil über den Artikel 7 des Unterrichtsgesetzes zu 
wahren, ohne indeß eine Opposition gegen den Unterrichtsminister 
Jules Ferry überhaupt zu beabsichtigen. 
10. Januar. Der neue Kriegsminister General Farre be- 
zeichnet seinen Amtsantritt durch die gründlichste Ausfegung, die 
noch je in einem Ministerium vorgekommen ist: der Generalstabs- 
chef und die vier Directoren der Infanterie, der Artillerie, der 
Genie und des Controlwesens werden an demselben Tage verab- 
schiedet. 
Die Armee selbst wird durch die Maßregel nicht berührt, sondern 
nur die Verwaltung. Die Armee ist im Gegentheil mit derselben sehr ein- 
verstanden. „Die Armee — meint das Journal des Debats —= war seit 
1871 der Gegenstand der aufmerksamsten Obsorge der öffentlichen Gewalten, 
die ihr ungeheure Budgets bewilligt und alles aufgeboten haben, um sie, 
was ihnen freilich nicht immer gelungen ist, mit angemessenen organischen 
Gesehen auszustatten. Allein die gute Wirkung, die man von diesen Gesetzen 
troy ihrer Unvollkommenheit erwarten durfte, wurde slets durch die „Ver- 
waltung", wie man es generell zu neunen pflegt, in Frage gestellt. Je znehr 
die Armee sich zu verbessern trachtete und je näher sie diesem Ziele rückte, 
desto empfindlicher fühlte sie den Mangel einer Oberleitung und eines ein- 
heitlichen Gedankens in den maßgebenden Regionen. Die Thätigkeit des 
Cabinets wurde, rund herausgesagt, durch die Abtheilungschefs Lahsnr gelegt, 
die in dem Glauben an ihre Unabsezbarkeit von ihren Gewohnheiten nichts 
aufgeben wollten und mit ihrer Trägheit stärker waren, als ein Minister,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.