Full text: Europäischer Geschichtskalender. Einundzwanzigster Jahrgang. 1880. (21)

374 Frankreich. (Jan. 31.) 
31. Jannar. Kammer: Der Finanzminister legt das Budget 
für 1881 vor. 
In dem Bericht, welcher demselben voransteht, wird bemerkt, daß das 
Budget von 1881 drei wesentlichen Bedingungen entspreche: 1) Es schließt 
im Gleichgewicht vermittelst normaler Hilfsauellen, ohne Anleihen, ab; 2) es 
seht die Verminderung der lästigsten, nach dem Kriege geschaffenen indirecten 
Sleuern fort; 3) es sichert die Hilfsquellen, welche für die Fortsehung der 
Widerherstellung des Kriegs= und Strgeräche noihenddig sind. Die gewöhn- 
lichen Einnahmen werden insgesammt auf 2.777,193,903 Francs geschätzt, 
die Ausgaben auf 2,773,391, 474 Fres. Es besteht also ein Ueberschuß von 
3,802,429 Frcs. Die Einnahmen übersteigen die von 1880 um 25,677,145 Fres., 
die Ausgaben übersteigen die von 1880 um 24,085,518 Fres. Die auf der 
Grundlage des Budgetjahres von 1881 berechneten Mehreinnahmen der 
Stenern lassen einen Ueberschuß von 327/: Millionen voraussehen, welche 
die oben erwähnten Ermäßigungen indirecter Steuern ermöglichen. Der 
leberichuß soll nun zu Steuererleichterungen verwendet werden, und zwar 
sollen 28 Millionen zur Entlastung der Getränke und 3—4 Millionen zur 
Entlastung der Papiersteuer verwendet werden. Eine Ermäßigung der Zucker- 
steuer hat die Regierung auf 1882 verschoben, weil die Ermäßigung, um 
eine bemerkbare Wirkung hervorzubringen, 40 bis 50 Proc. betragen müßte. 
Eine solche Verringerung würde ungefähr 70 Millonen Ausmachen, könne 
also durch die Mehreinnahmen, welche nur 32 Millionen betragen, nicht 
gedeckt werden. Eine geringere Ermäßigung würde nur den Händlern n 
Gute kommen, ohne den Consumenten eine Erleichterung zu verschaffen. Der 
Bericht chließt folgendermaßen: „Die Kammer wird anerkennen, daß wir 
uns darauf verlegt haben, die Politik der Stenererleichterung zu befolgen, 
zu welcher sie die Initiative ergriffen hat, und deren Anwendung unfer ehr- 
barer Vorgänger (Leon Say) begonnen hatte. Möge es uns gestattet sein, 
uns mit dem Parlament und der ganzen Nation zu der günstigen Lage der 
Finanzen der Nepublik zu beglückwünschen, welche sich nach den harten, von 
dem Land durchgemachten Heimsuchungen so glücklich wieder gehoben haben. 
Bei diesem Anblick kann man ermessen, welche bewunderungswürdigen Hilfs- 
quellen unfer Land zu entwickeln vermag, wenn man das Staatsvermögen 
mit Klugheit verwaltet, und wenn man regiert, iudem man sich weise dem 
nationalen Willen aupaßt. “ 
Beginn der Debatte über einen neuen Zolltarif. Der Handels- 
minister Tirard leitet dieselbe ein, indem er darauf drängt, bei den 
Principien des (freilich sehr gemäßigten) Freihandels von 1860 zu 
beharren. Der Bericht der Commission hat dagegen eine entschieden 
protectionistische Tendenz. 
Handelsminister Tirard: vertheidigt nach einem historischen Rückblick 
auf die Handelspolitik Colbert's, Turgot's und der späteren Regierungen 
die große freihändlerische Wendung von 1860, eine Reform, der er nur den 
Vorwurf macht, daß sie insgeheim und euit Ungehung der nationalen Tri- 
büne durchgeführt worden sei. Ihre Segnungen seien nicht zu bestreiten 
und auch nicht auf Rechnung der Eisenbahnen zu setzen, da diese umgelehrt 
nur ihrerseits ihre Trofperitet der Hurkelslesor zu verdanken gehabt. hätten. 
D and sei im Stande, die fremde Concurrenz auszuhalten. Die Aus- 
fuhrziffern bewiesen es. Die Bevölkerung sei besser genährt, besser gelleidet, 
ls früher. Ein Land, welches sich nach unerhörtem Unglück so muthig auf- 
derafft habe, dürfe Vertrauen zu sich haben, namentlich mit einer definitiven 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.