40 Das druische Reich und seine einzeluen Glieder. (Jau. 14.)
der sechs neuen Kreisordnungen hinauszuschieben. Gegen diese Ansicht jedoch
erhebt sich der Minister mit der größten Cnischiedenheit. Der Führer der
Conservativen, Herr v. Rauchhaupt, hatte jene Bedenken für gerechtfertigt
erklärt und sogar keinen Nachtheil darin erblickt, wenn es in dieser Session
überhaupt zu keiner Entscheidung über die Vorlagen käme. Graf Culenburg
aber stellt diesem Sate die nachdrückliche Erklärung entgegen, daß ein solcher
Standpunct gerade der gefährlichste für die Erreichung des Zieles, die Voll-
endung des großen Reformwerkes, sei.
14. Januar. (Preußen.) Die „Prov.-Corr." constatirt in
einem, wie der Cultusminister am 5. Februar im Abg.-Hause er-
klärt, nach „vorherigem Einverständniß und in völligem Einver-
nehmen mit der Regierung“ geschriebenen Artikel, daß die Unter-
handlungen mit Rom bisher zu keinem Resultate geführt haben
und auch kaum zu einem solchen nach den Wünschen Roms führen
würden,
indem sie die vaticanische „Aurora" über den beschränkten Einluß
des Fürsten Bismarck auf die „Weiterentwicklung“ der Mai-Gesebe belehrt.
Die „Aurora“ verlangte: Fürst Bismarck solle die Kirche auertennen. wie
sie ist, d. h. die Mai-Gesehe in allen Punkten aufheben, welche mit der
„Kirche, wie sie ist“ unverträglich sind. Die Antwork des Fürsten Bismarck
läßt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Die „Weiterentwicklung“
sei nur auf dem Wege der Ersetgebung möglich; die Negierung. könne die-
selbe also nur in so weit zugeslehen, als sie auf die Zustimmung der gesetz-
febenden Factoren rechnen könne. Mit anderen Worten: Fürst Bismarck
ehnt eine bindende Verabredung bezüglich der Abänderung der Mai-Gefetz-
gebung ab und erklärt sich bezüglich der zu machenden Zugeständnisse an
seine „Collegen“ und den Landtag für gebunden.
14. Jannar. (Preußen.) Es wird officiös constatirt, daß
ein Vergleich mit dem Herzog von Cumberland z. Z. völlig aus-
sichtslos sei.
Der König von Dänemark habe gelegentlich seines neulichen Besuches
in Berlin dem Kaiser mittheilen müsan, daß an eine Nachgiebigkeit des
Herzogs nicht zu denken sei. Der König habe dieses Verhalten offen be-
dauert und selbst die Machtbeie hberührt. die seinem Schwiegersohne daraus
erwüchsen, aber auch erklärt, daß er dieser Lage der Dinge etwaige Ver-
mittlungsvorschläge als voͤllig aussichtslos weder machen könne noch machen
wolle
14. Januar. (Bayern.) II. Kammer: genehmigt in Fort-
setzung der Berathung des Cultusetats den Ansatz für die Akademie
der Wissenschaften erst nach einer sehr erregten Debatte und heftigen
Angriffen auf die Akademie seitens der Ultramontanen.
Pfahler critisirt die Reden des Präsidenten v. Döllinger über Gar-
ein de Tassy und über die orientalische Frage in ihren Anfängen als ver-
unglimpfende Tendenzreden wider die katholische Kirche und das Papstkhum,
gegen welche er Namens des katholischen Volkes protestire, ebenso wie gegen
andere Vorträge in der Akademie. Ministerialrath v. Völk erwiedert: daß
die Staatsregierung der Akademie wie den Hochschulen gegenüber auf dem
Standpunct der Redefreiheit stehe, wie dieß nicht nur die Organisation der